Madrid – Beim Gedanken an das Finale zwischen Real Madrid und Juventus Turin wurde Zinedine Zidane sentimental: «Klar ist das etwas Besonderes für mich. Im Herzen bleibe ich ja immer Juventino», sagte der Real-Coach und frühere Juve-Profi einem italienischen Journalisten mit wehmütigem Blick.
Kurz zuvor war sein Team mit Toni Kroos und Cristiano Ronaldo bei Stadtrivale Atlético trotz einer 1:2-Niederlage mit einem Gesamtergebnis von 4:2 ins Champions-League-Endspiel eingezogen. Am 3. Juni trifft Kroos im Duell der Weltmeister in Cardiff auf Sami Khedira, der nach seiner Oberschenkel-Verletzung ankündigte, rechtzeitig fit zu sein.
Für Zidane wird die Partie ein Wiedersehen mit einer alten Liebe. Der 44 Jahre alte Franzose schwelgte in Erinnerungen: «In Turin habe ich fünf Jahre verbracht, dort bin ich zum Mann geworden.» Zwischen 1996 und 2001 gewann «Zizou» mit Juve unter anderem zwei Mal die italienische Meisterschaft, bevor er zu Real wechselte. Beim einzigen Königsklassen-Finale mit der «Alten Dame» zog er aber den Kürzeren. Im Amsterdam verloren die Italiener 1998 – gegen Real Madrid.
In Cardiff wird es ein Finale der Superlative und der Emotionen. Nicht nur wegen Zidane und nicht nur wegen des deutschen «K&K-Duells». Der bei Real ausgebildete Stürmer Álvaro Morata spielte vor seiner Rückkehr nach Madrid zwischen 2014 und 2016 ebenfalls in Turin. Mit den Schwarzweißen schoss er im Halbfinale 2015 seinen Stammclub mit zwei Toren aus der Champions League. Anschließend verloren die Italiener das Finale 1:3 gegen den FC Barcelona. Sentimental wollte der heute 24 Jahre alte Stürmer aber – anders als sein Coach – nicht werden. «Auf geht’s Team!», twitterte er.
Der Waliser Gareth Bale, der das Halbfinale verletzt verpasste, freut sich unterdessen auf sein «Heim-Finale». Doch der große Traum könnte für den 27-Jährigen zum großen Frust werden. Sein Ersatzmann Isco glänzte gegen Atlético so sehr, dass er nach Einschätzung spanischer Medien nicht aus dem Team genommen werden kann. Zumal er nach den frühen Toren der Hausherren durch Saúl Ñíguez (12.) und Antoine Griezmann (16./Foulelfmeter), die Kroos & Co. noch zum Zittern gebracht hatten, mit seinem 1:2 für die Vorentscheidung sorgte.
Die Madrider Sportzeitung «AS» feierte den Mitteldfeldmann, der diese Saison in der Königsklasse kaum eingesetzt worden war, als «weißen Magier». «Es wurde zwischenzeitlich noch mal eng, aber so schmeckt es noch besser», meinte der 24-Jährige. Im letzten Spiel im Vicente Calderón – das Stadion soll nach Saisonende abgerissen werden – sicherte Isco dem diesjährigen Bayern-Bezwinger mit seinem Tor auch noch die Einstellung eines Rekords, den die Münchner seit dem Frühjahr 2014 alleine hielten: Seit 61 Pflichtspielen in Serie schießen die Königlichen immer mindestens einen Treffer.
Nun will Real als erster Club seit Einführung der Champions League den Titel verteidigen. Und falls auch der Triumph in der Primera División gelingt, würde es das erste große Double aus Liga und Königsklasse seit 1958 werden.
Bei Atlético fragen sich unterdessen alle, wie es weitergeht. Zum vierten Mal in Serie endeten die Champions-League-Träume der Rojiblancos gegen den großen Stadtrivalen. Voriges Jahr und 2014 verlor der Club im Finale gegen Real, 2015 war schon im Viertelfinale Schluss. Die Zeitung «Mundo Deportivo» ist sicher: Die Ära von Trainer Diego Simeone geht nach sechs Jahren zu Ende, für Atlético wird es in den nächsten Jahren damit schwerer werden.
Die Schützlinge des von Fans und Medien als «Motivations-Guru» gefeierten Argentiniers sind anderer Meinung. «Wir werden zurückkommen! Wir werden nie den Glauben verlieren», versicherte Saúl auf Twitter. «Gut Ding will Weile haben. Das Beste kommt noch», versprach den Fans auch Sturmroutinier Fernando Torres.
Fotocredits: Daniel Ochoa de Olza
(dpa)