Gelsenkirchen – Joachim Löw hat den Blick schon auf das kommende Jahr gerichtet. «Jetzt müssen wir neue Ideen haben. Natürlich muss die junge Mannschaft noch ein bisschen reifen», sagte der Bundestrainer. «Es ist wichtig, dass man sich hinterfragt und Maßnahmen ergreift.»
Zunächst aber will das DFB-Team im Klassiker (20.45 Uhr/ARD) gegen Holland trotz des Abstiegs in der Nations League noch einmal den jüngsten Aufwärtstrend bestätigen. «Auch wenn wir als Gruppenletzter feststehen, wollen wir das Jahr, das sehr schlecht war für uns, mit einem Sieg beenden», betonte Joshua Kimmich.
LAGE: Mit nur einem Punkt in den bisherigen Spielen ist der Abstieg aus der Top-Liga A nicht mehr zu verhindern. Holland (6) kann Frankreich (7) schon mit einem Remis noch den Gruppensieg wegschnappen und sich das letzte freie Ticket für die Endrunde im Juni kommenden Jahres holen. Den direkten Vergleich hat Oranje gegen Weltmeister Frankreich gewonnen (1:2, 2:0).
BRISANZ: Die Rivalität der Nachbarn rührt aus der Vergangenheit. 1974 entschied Deutschland das WM-Finale im eigenen Land gegen Holland mit 2:1 für sich. 1990 bezwang die Mannschaft des damaligen Teamchefs Franz Beckenbauer auf dem Weg zum erneuten WM-Titel Oranje im Achtelfinale 1990 in Mailand mit 2:1. Die Niederlande warfen 1988 die deutsche Elf auf dem Weg zum EM-Triumph mit 2:1 in Hamburg im Halbfinale aus dem Rennen. «Das ist einfach noch einmal ein Prestige-Duell», erklärte Manager Oliver Bierhoff.
BILANZ: Auch mit einem Sieg gegen Oranje kann das Löw-Team bestenfalls noch die Negativmarke von nur fünf Siegen aus dem Jahr 2015 einstellen. In diesem Jahr stehen nach zwölf Partien vier Siege, zwei Remis und sechs Niederlagen zu Buche. So oft verließ die DFB-Elf in ihrer 111-jährigen Geschichte noch nie in einem Jahr als Verlierer den Platz.
ZIEL: «Wichtig ist das Spiel, um am 2. Dezember im Lostopf eins zu sein», sagte Löw. Wenn in Dublin Deutschlands Gegner für die EM-Qualifikation ausgelost werden, könnte das zum Vorteil werden. Ein Sieg gegen Holland reicht, um Kroatien zu überholen und noch in den Topf der zehn gesetzten Länder zu rutschen. «Zweitens wollen wir noch unsere Entwicklung vorantreiben», sagte Bierhoff. «Wir wollen uns mit einer starken Leistung aus dem Jahr verabschieden, uns und den Fans zeigen, wir sind auf gutem Weg», ergänzte Löw. Nicht vergessen ist zudem die Demütigung beim 0:3 im Oktober beim Hinspiel in Amsterdam.
TICKETS: Erst 40.000 der 53.000 verfügbaren Plätze in der Schalke- Arena sind verkauft. «Nur wir sind daran Schuld mit unseren Leistungen, die wir in diesem Jahr gezeigt haben. Mit besseren Leistungen können wir es auch wieder ändern», erklärte FC-Bayern-Profi Joshua Kimmich.
GEGNER: Holland ist nach zwei verpassten Turnieren wieder im Aufwind. «Im Moment spürt man die Begeisterung. Holland musste länger durch ein Tal der Tränen gehen», sagte Löw. Der Aufschwung habe maßgeblich auch mit Bondscoach Ronald Koeman zu tun. «Das sieht man an dem Spielstil. Er war beim FC Barcelona und anderen großen Vereinen. Das ist Fußball mit einer klaren Idee und Kreativität», bemerkte der Bundestrainer.
NATIONS LEAGUE: Der Abstieg aus der Nations League sei kein «Weltuntergang», meinte Löw. 2020 muss die DFB-Elf in der B-Liga antreten. Mögliche Gegner sind unter anderem Vizeweltmeister Kroatien, Polen, Island, Österreich, Wales oder Finnland. Die Niederlande und Frankreich werden dann wieder in der A-Staffel gegen die besten Teams des Kontinents spielen.
JUBILÄUM: Thomas Müller steht vor dem Aufstieg in den 100er-Club. Sein erstes Länderspiel bestritt der Münchner am 3. März 2010 gegen Argentinien (0:1). Er wäre der 14. deutsche Nationalspieler, der die dreistellige Marke schafft. Angeführt wird die Liste von Lothar Matthäus (150) vor Miroslav Klose (137) und Lukas Podolksi (130). «Er ist noch keine 30. Wenn einer da 100 Länderspiele quasi in Serie auf dem Buckel hat, ist das klasse», sagte Löw und versprach Müller nach einem Einsatz gegen Holland ein Glas Weißbier in der Kabine.
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(dpa)