Abu Dhabi – Vor dem ersten PR-Auftritt als Formel-1-Weltmeister in Malaysia dachte der von einer Zentner-Last befreite Nico Rosberg in seiner Triumphnacht auch an Michael Schumacher.
«Ich hoffe, dass er es mitbekommt, dass ich hier gewonnen habe. Er hat auch einen Anteil an diesem Erfolg», zollte der aus dem Schatten seines Mercedes-Rivalen Lewis Hamilton getretene Deutsche dem Rekordchampion Respekt. «Er war drei Jahre hier, hat gepusht drei Jahre, dass das Team vorankommt. Es war ein sehr interessantes Erlebnis, mit Sicherheit habe ich von diesem Erlebnis einiges auf den Weg mitgenommen», beschrieb Rosberg den Wirkungsgrad Schumachers.
Von Rosberg ist mit dem Zitter-Titel von Abu Dhabi riesiger Druck abgefallen. Endlich bezwang er Hamilton in einem WM-Duell, endlich ist er die Vergleiche mit seinem Vater Keke los, der 1982 Weltmeister wurde. «Das war sicher meine beste Saison und ich bin meine besten Rennen gefahren. In den letzten Rennen hat man aber nicht den wahren Nico gesehen, weil dich der Druck einbremst», sagte der gebürtige Wiesbadener. «Das ist eine Erfahrung mehr, die mich stärker macht.»
Womöglich war es für Rosberg die letzte Chance, im mit Abstand besten Auto die WM zu holen. 2017 soll eine Regelform den Branchenprimus einbremsen. Die Autos werden breiter und schneller, der Wettbewerb soll enger werden. Hamilton wird seinem Sturz vom WM-Thron mit neuer Entschlossenheit begegnen. «Ich freue mich schon auf den Fight mit ihm», verkündete der britische Abu-Dhabi-Sieger.
Wie tief die Wut über den Verlust der WM-Krone bei Hamilton sitzt, zeigte sich schon in den Schlussrunden auf dem Yas Marina Circuit. Stur ignorierte er die Anweisungen von der Box, schneller zu fahren, weil er in der schwindenden Hoffnung auf den Titel seinen Verfolger Rosberg in weitere Zweikämpfe mit Sebastian Vettel und Max Verstappen verwickeln wollte. Intern droht Hamilton dafür noch eine Strafe.
Rosberg hielt dem Druck aber bravourös stand. «Die erste WM ist die schwierigste überhaupt», sagte Teamaufsichtsrat Niki Lauda. Rosberg sei an «Hamilton gewachsen, der vielleicht der schnellste und talentierteste Fahrer der Neuzeit ist. Er ist immer cool geblieben und deshalb Weltmeister geworden.» Die «Gulf News» lobte Rosbergs mentale Stärke: «Der Deutsche hat Nerven aus Stahl, um den britischen Rivalen in Schach zu halten.» Martialisch schrieb die «Khaleej Times»: «Hamilton gewann die Schlacht, Rosberg aber den Krieg.»
Erst der Sponsorenauftritt am Dienstag in Kuala Lumpur, dann die Saison-Abschlussgala am Freitag, wo Rosberg als Weltmeister geehrt wird. In Wien dürfte der Motorsport-Weltrat auch endgültig besiegeln, dass sich der 31-Jährige 2017 nicht vor heimischen Fans präsentieren darf. Da sich der Hockenheimring nicht mit Chefvermarkter Bernie Ecclestone finanziell einigen konnte, umfährt die Formel 1 Deutschland. «Ich hoffe, dass das Rennen doch im Kalender ist», hatte Motorsportchef Wolff schon vor Rosbergs Krönungsfahrt gesagt.
Doch der Faktor Rosberg allein wird kaum zum Umdenken führen. Den Boom, den «Schumi» Ende August 1991 in Deutschland mit seinem Formel-1-Debüt ausgelöst hatte, konnte nicht einmal der viermalige Weltmeister Vettel neu beleben. «Meine persönliche Meinung ist, dass die Deutschen ein bisschen einen Kater haben, nachdem Michael und Sebastian über die Jahre soviel gewonnen haben», erklärte Wolff. Rosberg wird da einen neuen Schub kaum schaffen. «Vielleicht ändert sich in Zukunft ja etwas», meinte Wolff. «Es wäre großartig, wenn Nico die Leidenschaft neu entfachen könnte.»
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(dpa)