Rio de Janeiro – Die Rekordreiterin hatte ihren Spaß. Als Michael Vesper im Deutschen Haus am Freitagabend in den Pool fiel, lachte Isabell Werth am lautesten. Die nun mit sechs Goldmedaillen dekorierte Dressurreiterin kicherte und gluckste, weil der Chef de Mission ungewollt Baden ging.
«Dass es ausgerechnet ihn trifft, ist natürlich witzig», sagte die erfolgreichste Reiterin der Olympia-Geschichte. Werth genoss den Abend und feierte mit dem ganzen Team bis in den Morgen. Ihrer Pferdepflegerin Stefanie Wiegard hängte sie die just gewonnene Medaille um den Hals und machte ein Handy-Foto. Insgesamt hat Werth nun neun Olympia-Medaillen in ihrer Sammlung, sechs goldene und drei silberne. «Das ist der Wahnsinn, wenn man darüber nachdenkt», sagte Werth später am Abend mit einem Glas Weiswein in der Hand.
Bereits am Montag kann eine weitere Plakette hinzukommen. Im Einzel gehört Werth zu den Favoriten. Spätestens seit Freitag, als sie im Grand Prix Special der Teamwertung das beste Einzelergebnis erzielte, scheint sogar ein siebtes Olympia-Gold möglich.
Das Special-Ergebnis zählt nicht für die Einzelentscheidung, verspricht aber Spannung in der Kür. Werth erhielt für den Ritt auf Weihegold 83,711 Prozent und lag damit vor Charlotte Dujardin auf Valegro (82,983), die als nahezu unschlagbar galt. Die Britin war in London Doppel-Olympiasiegerin. Sie hat zuletzt bei EM und WM die Einzelentscheidungen dominiert.
Dujardin wird nun gegen drei deutsche Reiterinnen um Gold kämpfen. Dorothee Schneider (Framersheim) mit Showtime (82,619) und Kristina Bröring-Sprehe mit Desperados (81,401) gelten ebenfalls als mögliche Gold-Gewinner. «Wir alle haben Chancen», kommentierte Schneider.
«Sie ist die Favoritin», sagte Werth über Dujardin: «Ich will ihr so nahe wie möglich kommen. Ich werde das Beste geben und schauen, was dabei rauskommt.» Am Montag geht es in der Kür mit Musik wieder bei Null los.
«Die Karten werden neu gemischt», sagte Bröring-Sprehe und kündigte an: «Wir werden noch mal Gas geben.» Am Montag werden die drei deutschen Dressur-Damen zu Konkurrentinnen. «Im Einzel will jeder gewinnen, das ist normal», sagte die 29-Jährige.
Nicht dabei sein wird Sönke Rothenberger. Obwohl der Youngster des deutschen Gold-Teams als Zehnter des Grand Prix Special locker die Qualifikation geschafft hatte. Aber pro Nation sind nur drei Starter erlaubt, so dass der 21-Jährige zuschauen muss. «Ich bin trotzdem glücklich», sagte Rothenberger: «Das erste Mal bei Olympia und eine Gold-Medaille, was will man mehr?»
Erleichtert war auch Robbie Sanderson, der Pfleger von Rothenbergers Pferd Cosmo, der von dem neunjährigen Wallach am Kopf verletzt worden war. Cosmo war kurz vor der Siegerehrung hochgesteigen und hatte den Pfleger am Kopf getroffen. Im Krankenhaus wurde der Brite mit zehn Stichen genäht, so dass er abends mit dem deutschen Team noch feiern konnte. «Das ist nichts, das ist nur ein kleiner Kratzer», sagte der Brite fröhlich lachend: «Alles ist gut. Nur blöd, dass ich die Siegerehrung verpasst habe.»
Fotocredits: Friso Gentsch
(dpa)