Rio de Janeiro – Es gibt Abende, an denen im Deutschen Haus die Limetten ausgehen. Dann wurde wieder lange über große Erfolge und zu viele Niederlagen diskutiert, die eine oder andere Medaille bejubelt und bis zum Morgengrauen getanzt. Und der mit der Zitrusfrucht gemixte Caipirinha getrunken.
Doch nicht nur der Mangel an Limetten für Brasiliens National-Cocktail ist ein Parameter für die Attraktivität des Olympia-Treffpunktes und «Beachhauses für Athleten.»
«Das erste Ziel ist, dass die Athleten sagen, hier fühlen wir uns wohl», sagte Axel Achten, Geschäftsführer der Deutschen Sportmarketing, die für den Deutschen Olympischen Sportbund das temporäre «Haus» für Olympia und Paralympics auswählt und betreibt. «Man kann sich mit den Athleten unterhalten, kann Selfies mit ihnen machen und die Medaillen anfassen.»
Und die deutschen Sportasse kommen gerne aus dem 20 Fahrminuten entfernten Olympischen Dorf, um sich feiern oder trösten zu lassen. Von Fahnenträger Timo Boll über Golfer Martin Kaymer, dem an Krücken humpelnden Turn-Helden Andreas Toba oder der burschikosen Sportschützin Barbara Engleder, die nach ihrem «goldenen Schuss» richtig Durst hatte und ein Glas Bier in einem Zug ausleerte. «Das erwartet man doch von einer Bayerin», meinte sie danach grinsend.
Auch ehemalige Sport-Größen wie Tennis-Legende Steffi Graf und Willi Holdorf, der Zehnkampf-Olympiasieger von 1964, waren schon da. Dagegen hatte Diskus-Goldjunge Christoph Harting keinen Getränkewunsch, sondern das Bedürfnis, seinen missratenen Auftritt bei der Siegerehrung zu erklären – und sich dafür zu entschuldigen.
Die Athleten treffen im Deutschen Haus auch auf Vertreter von rund 40 Sponsoren der DSM, Medienvertreter und viele andere Gäste, aber nur auf wenige Politiker. «Das ist schon enttäuschend», sagte Achten. «Wenn der Bundespräsident aus gesundheitlichen Gründen nicht kommen kann, ist das zu akzeptieren. Wir hätten uns aber den einen oder anderen Minister hier gewünscht, der dem Sport nahe steht.»
Für das leibliche Wohl ist natürlich auch gesorgt. Es gibt Bier und Wein aus Deutschland, dazu täglich frisch gebackenes Brot deutscher Art, das jeden Morgen auch zu den DOSB-Athleten ins Olympische Dorf gebracht wird. Auf der Terrasse werden Steaks und Würste gegrillt. Bis zum 20. August werden sich rund 10 000 Gäste daran erfreut haben. Am 8. September öffnet das Deutsche Haus wieder für die Paralympics.
Aufwendig wurde der eigentliche Beach-Club in eine bunte, maritime Begegnungsstätte umgebaut. Der Pool ist überdacht worden, die Sauna wurde in eine Lounge zum Chillen und der Ruheraum zum internen Athleten-Treff umgebaut. Um das reetgedeckte Gebäude direkt am Strand der Barra da Tijuca anmieten zu können, brauchte es Geduld: Von Dezember 2014 bis Sommer 2015 dauerten die Verhandlungen, «bis alle Beachclub-Mitglieder der Vermietung zustimmten», berichtete Achten.
2004 in Athen diente eine Schule am Rande des Olympiaparks als Kulisse für das Deutsche Haus, in Peking 2008 zog es in ein Hotel ein und 2012 in London wurden die Gäste in einem Museum in den Docklands begrüßt. «Die Häuser kann man nicht vergleichen, jedes hat einen eigenen Charakter gehabt», meinte Achten, fügte jedoch an: «Das in Rio war aber Liebe auf den ersten Blick.»
Fotocredits: Michael Kappeler
(dpa)