Stuttgart – Zeitlich hat der VfB Stuttgart durch die Länderspielpause etwas Luft bei der Suche nach einem neuen Trainer.
«Das spielt uns im Moment ein bisschen in die Karten, dass wir nicht unter diesem Druck stehen, morgen oder übermorgen schon die Nachfolge zu präsentieren», sagte Sportvorstand Michael Reschke nach der Trennung von Tayfun Korkut. Sitzen muss die Personalie aber ohne jeden Zweifel. Er sei sich im Klaren, dass diese Entscheidung eine «immense Bedeutung» hat, sagte Reschke.
Die Wünsche sind bereits ausgesprochen: «Es geht sicher darum, ein bisschen erfrischender, ein bisschen aggressiver und torgefährlicher zu spielen», sagte der 61-Jährige. Der wichtigste Auftrag aber lautet: Klassenverbleib. «Es geht aktuell um Eins: Den VfB Stuttgart wieder in sicheres Bundesligafahrwasser zu führen. Was schwer genug wird. Die nächsten beiden Gegner sind Borussia Dortmund und die TSG Hoffenheim. Das sind Mammutaufgaben», betonte Reschke. Der VfB ist mit fünf Punkten und nur einem Saisonsieg Letzter in der Fußball-Bundesliga.
Namen wollte Reschke nicht kommentieren, sondern sagte allgemein: «Es gibt unterschiedliche Facetten bei unterschiedlichen Trainern, die aus unterschiedlichen Gründen bei uns schlüssig und sinnvoll sein können. Danach werden wir alles abklopfen». Das Training am Dienstag leitet Interimslösung Andreas Hinkel. Gegen Dortmund am 20. Oktober sollte dann aber bestenfalls schon der neue Mann an der Linie stehen.
Diese Trainer mit Bundesligaerfahrung sind derzeit ohne Verein:
RALPH HASENHÜTTL: Der 51 Jahre alte Österreicher arbeitete bis zum Ende der vergangenen Saison für RB Leipzig und wäre die Lösung mit dem besten Namen für das anspruchsvolle Umfeld der Schwaben. Hasenhüttl hat eine klare Spielidee für offensiven Fußball. Nach einem Champions-League-Club zum Bundesliga-Schlusslicht zu gehen erscheint aber mindestens auf den ersten Blick wie ein Rückschritt.
MARKUS WEINZIERL: Seit dem Abschied vom FC Schalke 04 vor etwas mehr als 15 Monaten ist der 43 Jahre alte Bayer ohne Job. Vor allem zu seiner Zeit beim FC Augsburg begeisterte Weinzierl mit seinem Mut und seiner unerschrockenen Art, auf Schalke bekam die Karriere erste tiefere Kratzer. Bei ihm wäre die Zeit reif für ein Comeback.
PETER STÖGER: Der Ex-Trainer des 1. FC Köln und von Borussia Dortmund wäre eine sehr überraschende Lösung. Denn mit seinem ebenfalls eher defensiv ausgerichteten Fußball wäre der Österreicher eine Art «Korkut 2.0». Für einen erfrischenden, aggressiven und torgefährlichen Spielstil, wie Manager Reschke ihn sich vom neuen Coach wünscht, steht der 52-Jährige nicht.
PETER BOSZ: Der Niederländer ist seit seinem Aus bei Borussia Dortmund im Dezember 2017 ohne Trainerjob. Seine Idee vom Fußball steht der von Korkut diametral gegenüber: aggressiv, extrem offensiv, aber auch ohne defensive Absicherung. «Voetbal fatal», titelte die «Süddeutsche Zeitung» im vergangenen November. Bosz wäre mehr Spektakel als Korkut, aber wohl auch ein bisschen zu viel davon.
MARKUS GISDOL: Markus Gisdol war schon Trainer beim VfB Stuttgart – von 2005 bis 2007 in der U17. Kommt aus Geislingen und damit aus der Region. Rettete Hoffenheim vor dem Abstieg und führte den Club danach auf die Plätze neun und acht. Rettete dann den Hamburger SV vor dem Abstieg, musste aber Anfang Januar trotzdem gehen. Seither ist der 49-Jährige ohne Verein.
JÜRGEN KLINSMANN: Der ehemalige Bundestrainer hat eine emotionale Bindung zum VfB Stuttgart wie kaum jemand sonst. Als Trainer in der Bundesliga beim FC Bayern München war er aber ein eher kurzes Experiment. Als Chef der US-Nationalmannschaft arbeitete er lange erfolgreich und blieb fast fünf Jahre. Dass er seine Wahlheimat Kalifornien tatsächlich verlassen würde, ist unwahrscheinlich.
Ausschlusskriterien oder Mindestanforderungen wollte Reschke nicht benennen, denkbar ist deswegen in der Theorie auch eine Überraschung wie einst Hannes Wolf. Dass aber beispielsweise ein Trainer aus der VfB-Jugend wie Nico Willig oder Heiko Gerber, die ebenfalls die Fußballlehrer-Lizenz besitzen, befördert wird, gilt als unwahrscheinlich.
Denkbar wäre dagegen eine Rückholaktion von Leverkusens Ex-Trainer Roger Schmidt, über den sich Reschke bei seinem langjährigen Arbeitgeber gut informieren könnte. Schmidt steht noch bis 2019 bei BJ Sinobo Guoan in China unter Vertrag.
Fotocredits: Sebastian Gollnow
(dpa)