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Vom Bauernsohn zum Triumphator: Carapaz lässt Ecuador feiern

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Verona – Völlig ausgepumpt, aber überglücklich rollte Richard Carapaz über den rosa Teppich in die ehrwürdige Arena von Verona und riss den Arm in die Höhe.

Nach 3546 Kilometern und über 90 Stunden auf den Landstraßen Italiens war die Sensation perfekt: Als erster Ecuadorianer holte sich Carapaz, der Bauernsohn aus den Anden, den Gesamtsieg beim Giro d’Italia. Der 26-Jährige – bislang eine eher unbekannte Größe im internationalen Radsport – lag nach dem abschließenden Einzelzeitfahren über 17 Kilometer 65 Sekunden vor dem italienischen Altstar Vincenzo Nibali.

«Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Das sind einzigartige Gefühle. Für mich ist das der größte Triumph, den ich in meinem Leben erreichen kann», sagte Carapaz mit Tränen in den Augen: «Es ist ein Traum, es ist aber auch der Lohn für die harte Arbeit.»

Die 102. Italien-Rundfahrt hat auf der dreiwöchigen Reise von Bologna nach Verona einige neue Gesichter hervorgebracht, wie auch das von Pascal Ackermann. Der Giro-Debütant aus der Pfalz raste mit zwei Etappensiegen in den Kreis der Weltklasse-Sprinter und gewann als erster Deutscher die Punktewertung. «Es war ein weiter Weg bis hierher. Es ist befreiend, dass ich hier angekommen bin», sagte Ackermann der Deutschen Presse-Agentur. Von «besonderen Momenten» sprach der 25-Jährige, der auf seine erste Teilnahme an der Tour de France aber noch warten muss.

Auch Primoz Roglic, der zwei Einzelzeitfahren gewann und Gesamtdritter wurde, hat bewiesen, dass seine erstaunliche Metamorphose vom Skispringer zum kompletten Rundfahrer fast abgeschlossen ist. Zum dritten Sieg im Kampf gegen die Uhr reichte es nicht mehr, den holte sich der Amerikaner Chad Haga vom deutschen Sunweb-Team.

Im Mittelpunkt stand aber Carapaz, der in seiner Heimat einen Radsport-Boom ausgelöst hat. Auf dem Marktplatz im heimischen Tulcan versammelten sich auf den letzten Etappen früh morgens bereits die Landsleute vor einem großen Bildschirm, um das historische Ereignis zu verfolgen. Die «Lokomotive von Carchi», so der Spitzname des 62 Kilogramm leichten Kletterers hat alle verblüfft. Es ist die Geschichte eines Jungen aus einem Bergdorf in 3000 Metern Höhe, der sich auf dem Hof der Eltern um die Kühe kümmern musste und in seiner Freizeit begeistert Videos des einstigen Tour-Siegers Marco Pantani schaute.

Keiner hatte diesen Mann, der dem früheren italienischen Radstar Claudio Chiappucci so verblüffend ähnlich sieht, auf der Rechnung. Erst viel zu spät realisierten Nibali und Roglic in ihrem erbitterten Duell, welche Gefahr der Movistar-Fahrer darstellte. Auf der 14. Etappe nach Courmayeur war Carapaz mit seinem zweiten Tagessieg ins Rosa Trikot gefahren. Schwächen zeigte er danach nicht mehr, auch die Psychospielchen des routinierten Nibali konnten ihm nichts anhaben. Nach der letzten Bergetappe kapitulierte schließlich der zweimalige Gesamtsieger und sprach von einem «verdienten Sieg».

Da war auch Carapaz‘ Familie endlich in Italien eingetroffen. Ehefrau Anita Rosero hatte sich samt Söhnchen Richard Santiago und Töchterchen Aimy Sofia auf die beschwerliche Reise von Quito nach Italien gemacht. «Ich kann gar nicht beschreiben, was ich fühle, diese Momente mit meiner Familie zu erleben», sagte Carapaz stolz, der vor der Rundfahrt eigentlich als Helfer für den Spanier Mikel Landa vorgesehen war.

So passte es ins Bild des Giro, der schon seit Jahren immer wieder Überraschungen und unvorhergesehene Wendungen produziert. Ganz im Gegensatz zur Tour de France, die seit Jahren von der Dominanz der britischen Mannschaft um Chris Froome und Geraint Thomas erdrückt wird.

Fotocredits: Alessandro Di Meo,Massimo Paolone
(dpa)

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