Melbourne – Nach dem Dämpfer bei der ersten Kraftprobe mit Lewis Hamilton ordnete Sebastian Vettel Überstunden bei Ferrari an.
«Das Auto fühlt sich noch nicht so gut an, da können wir noch ein bisschen dran tüfteln und dann einen Satz nach vorn machen», sagte der Hesse nach den ersten Trainingseinheiten der neuen Formel-1-Saison in Melbourne. Mehr als eine halbe Sekunde lag Vettel als Zweiter hinter der Bestzeit von Mercedes-Pilot Hamilton, der sich über einen beeindruckenden Auftakt im Albert Park freute. «Er war zu 99 Prozent perfekt», sagte der 32-Jährige.
Der Silberpfeil-Star bestimmte die drei Trainingsstunden und sendete damit auch ein deutliches Signal an alle Rivalen, die durch die Regelreform auf ein Ende der seit drei Jahren anhaltenden Mercedes-Dominanz hoffen. So klang dann auch Vettels erstes Fazit ziemlich nüchtern: «Wir haben noch viel Arbeit vor uns. Wir waren immer realistisch.»
Immerhin setzte sich der viermalige Weltmeister mit seiner schnellsten Runde noch vor Mercedes-Neuzugang Valtteri Bottas. Der Finne ersetzt den zurückgetretenen Weltmeister Nico Rosberg und hat noch sichtlich Mühe mit dem Tempo seines neuen Teamkollegen Hamilton. Auch das Red-Bull-Duo Daniel Ricciardo und Max Verstappen als Fünfter und Sechster wirkte auf den ersten Kilometern der Saison noch nicht wie eine Gefahr für den britischen Titelfavoriten.
Dabei hatte Hamilton noch kurz vor der ersten Ausfahrt Ferrari wegen der Bestzeiten bei den Wintertests in Barcelona in die Favoritenrolle geschoben und auch vom neuen Red Bull geschwärmt. Das schien sich am Freitag als taktischer Poker zu erweisen. «Nachdem ich in Barcelona mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, wussten wir nicht, ob es hier genauso sein würde. Es ist ermutigend, dass wir nur eine Woche später hier an die Strecke kommen und das Auto genau da ist, wo es sein sollte», sagte Hamilton.
Stattdessen wurde zunächst Vettel von technischen Problemen mit der Überholhilfe DRS gebremst, ehe er im Training auf Touren kam. «Wir arbeiten ganz ohne Panik weiter und konzentrieren uns auf uns selbst», versicherte Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene. Im dritten und letzten Vertragsjahr von Vettel will die Scuderia endlich wieder um den Titel mitfahren. «Ich will Sebastian glücklich sehen», sagte Arrivabene.
Dabei sollte eigentlich auch die Regelkur für schnellere und schwerer beherrschbare Autos helfen. Doch der Radikal-Schnitt hat Mercedes zusätzlich angespornt. «Soweit ich weiß, hat noch nie ein Team nach Regeländerungen seinen Titel verteidigt. Wir wollen also etwas schaffen, was noch niemandem gelungen ist», sagte Hamilton und versicherte: «Ich glaube fest, dass mein Team dazu in der Lage ist.»
In den vergangenen drei Jahren stellte Mercedes jeweils den Sieger beim Auftaktrennen in Australien und am Ende der Saison auch den Weltmeister. Mit dem runderneuerten Silberpfeil war Hamilton am Freitag in 1:23,620 Minuten rund sechs Sekunden schneller als im Training des Vorjahres. «Lewis ist der absolute Favorit, das hat er unterstrichen», sagte Red-Bull-Teamchef Christian Horner.
Renault-Neuzugang Nico Hülkenberg belegte Platz neun, sein neuer Teamkollege Jolyon Palmer sorgte mit dem ersten heftigen Unfall des Jahres für kurze Aufregung. Der Brite blieb nach seinem Crash in der Zielkurve aber unverletzt. Für den zu Sauber gewechselten Pascal Wehrlein reichte es nur zu Platz 18. Der Große Preis von Australien am Sonntag (7.00 Uhr MESZ) ist das erste von 20 Rennen in diesem Jahr.
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(dpa)