Sotschi – Sebastian Vettel hat trotz seiner ersten Pole Position seit 588 Tagen und einer Alles-oder-Nichts-Reifentaktik seinen ersten Sieg beim Großen Preis von Russland verpasst. Der viermalige Formel-1-Weltmeister musste sich in Sotschi Valtteri Bottas im Mercedes geschlagen geben.
Der Mercedes-Pilot setzte sich am Start nach wenigen Metern vor Vettel und feierte nach packenden Schlussrunden den ersten Sieg seiner Karriere in der Königsklasse. «Wir haben das Rennen am Start verloren. Ich habe alles versucht, ihn einzuholen», gestand der Heppenheimer, gab sich aber auch fairer Verlierer. «Ein Riesenglückwunsch. Es ist sein Tag», gratulierte er Bottas. «Es ist unglaublich», meinte der 27-jährige Finne. «Es hat über 80 Rennen gedauert. Die Warterei hat sich definitiv gelohnt.»
Nach 52 Runden lag Bottas nur 0,617 Sekunden vor Vettel. Lob gab es von seinem Chef Niki Lauda. «Valtteri hat gegen die Übermacht Vettel nur wegen seiner eigenen Leistung gewonnen», sagte der Team-Aufseher. «Er ist die coolste Socke auf dem Grid. Unter diesen Bedingungen, mit dem Vettel im Genick, das ist eine unglaubliche Leistung.»
Vettel durfte sich aber trösten. Trotz des verpassten Russland-Triumphs baute er seine Führung in der Gesamtwertung aus: Sein WM-Rivale und Bottas-Kollege Lewis Hamilton verpasste als Vierter hinter Kimi Räikkönen im zweiten Ferrari sogar das Podest. Vettel liegt nach vier von 20 Saisonrennen nun mit 86 Punkten vor Hamilton (73 Punkte) und Bottas (63). «Wir sind trotzdem zufrieden. Alles in allem war es ein schöner Tag», stellte er fest.
Nico Hülkenberg kam als Achter ins Ziel und schaffte sein bestes Ergebnis seit seinem Wechsel zu Saisonbeginn zu Renault. Pascal Wehrlein wurde im Sauber 16. und Letzter. Vier von 20 Piloten waren ausgeschieden.
Das Rennen begann etwas verspätet. Fernando Alonso schaffte nicht einmal die Formationsrunde und stellte seinen dauerhaft maladen McLaren-Honda nach erneuten technischen Problemen wenige hundert Meter vor seiner Startbox ab.
Als das Rennen richtig losging, war Vettel seine Spitzenposition schnell los. Erstmals seit 2015 hatte der Heppenheimer wieder von ganz vorn starten dürfen, neben ihm stand sein finnischer Teamkollege Räikkönen – die erste Doppel-Pole für die Scuderia seit 2008.
Doch Bottas machte den Ferrari-Vorteil mit einem Traumstart zunichte. Er schoss an seinem Landsmann und an Vettel vorbei und setzte sich nach vorn. Damit blieb es zunächst dabei: In allen Rennrunden seit der Premiere in Sotschi 2014 war ein Mercedes an der Spitze gefahren.
Hinten im Feld knallte es zwischen Romain Grosjean im Haas und Hülkenbergs Teamkollegen Jolyon Palmer. Die Folge: Das Safety Car musste schon in der ersten Runde raus, um die Crash-Teile aufzusammeln. Als das Rennen nach drei Runden wieder freigegeben wurde, blieb alles beim alten.
Bottas fuhr vorn, gefolgt von Vettel. Dahinter versuchte Räikkönen, Mercedes-Mann Hamilton hinter sich zu halten. Das Quartett setzte sich mehr und mehr vom Rest des Feldes ab. Nach etwa einem Drittel des Rennens klagte Hamilton, dass sein Wagen überhitze. Über Funk versuchte der Kommandostand ihn zu beruhigen. Auch andere hätten das Problem, hieß es. Ein schwacher Trost für den Briten, konnte er doch nicht wie gewünscht attackieren.
Dann wurde es spannend: Mercedes holte in der 27. Runde Bottas zum Reifenwechsel an die Box. Vettel übernahm als erster Nicht-Mercedes-Pilot die Führung auf dem Autodrom. «Hol alles raus», feuerte ihn sein Kommandostand an. Vettel fuhr auf seinen alten Reifen weiter und baute Runde für Runde seinen Vorsprung aus. Nach 35 Durchgängen wurde er endlich an die Box geordert. Mit 3,4 Sekunden fiel die Standzeit aber zu lang aus.
Vettel kehrte hinter dem wieder führenden Bottas auf die Strecke zurück. Der Vorsprung des Silberpfeil-Piloten: 4,6 Sekunden. Der Heppenheimer gab nicht auf, kämpfte sich heran. In den letzten beiden Runden wurde es dramatisch, doch der Deutsche kam nicht mehr auf Schlagdistanz. Entscheidend dann, als Bottas Felipe Massa im Williams überrundete und anschließend der Brasilianer den Weg für Vettel zu spät freimachte. Der Sieg für Vettel war dahin.
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(dpa)