Suzuka – Nach seinem WM-Desaster von Japan ergriff der bitter enttäuschte Sebastian Vettel rasend schnell die Flucht. Nur noch ein echtes Formel-1-Wunder kann dem Ferrari-Fahrer seinen fünften Titel bringen.
Eine defekte Zündkerze raubte Vettel die wohl letzte Mini-Hoffnung und begünstigte den Suzuka-Sieg von Lewis Hamilton. Schon beim viertletzten Saisonrennen in Austin in zwei Wochen kann der Mercedes-Pilot seine vierte WM perfekt machen.
«Natürlich schmerzt es und alle sind enttäuscht. Manchmal gehen Dinge aber halt auch kaputt, so ist das eben», sagte der um Fassung bemühte Vettel nach seinem dritten enttäuschenden Grand Prix auf der Asientour. Anscheinend unbeirrt versicherte der 30-Jährige: «Wir haben noch eine Chance. Erst am Ende zählt man die Punkte zusammen.»
In der Gesamtwertung klafft nun jedoch eine Lücke von 59 Punkten zu Hamilton. «Von so einem Vorsprung hätte ich nur träumen können», schwärmte Hamilton, nachdem er sich im Ziel vor seinen Silberpfeil gekniet und ihn kräftig gestreichelt hatte.
Auch dank der Hilfe seines Teamkollegen Valtteri Bottas sicherte sich der Brite seinen 61. Karrieresieg, wollte von einer Entscheidung aber noch nicht sprechen. «Es ist immer noch ein langer Weg. 100 Punkte sind noch zu holen und das ist viel», warnte Hamilton sich und sein Team. «Es kann im Leben immer viel passieren.» Sollte Hamilton jedoch beim Grand Prix der USA als Erster oder Zweiter mindestens 16 Punkte mehr als Vettel holen, ist er zum vierten Mal Weltmeister.
In Suzuka wurde es für den 32-Jährigen auf den letzten Kilometern noch einmal richtig eng. Der von Bottas zwischenzeitlich aufgehaltene Red-Bull-Pilot Max Verstappen drängte, kam aber nicht mehr an Hamilton heran und wurde vor seinem Teamkollegen Daniel Ricciardo Zweiter. «Auf den letzten zwei oder drei Runden habe ich es nochmal probiert», berichtete Malaysia-Sieger Verstappen, «es war aber einfach zu schwierig vorbeizukommen.»
Am Ende halfen Hamilton auch die Überrundungen. Fernando Alonso machte zwar brav mit seinem McLaren Platz für den Briten, nicht aber für Verstappen, dessen letzte Attacke damit verpuffte.
Da hatte sich Vettel schon längst aus dem Rennen verabschiedet. Das erneute Desaster für den Heppenheimer deutete sich schon vor den ersten Metern an. In der Startaufstellung entdeckten die Ingenieure das Problem am Motor, konnten es aber nicht beheben. «Schon auf der Formationsrunde war keine Leistung da», sagte Vettel.
Bereits in Malaysia hatte er wegen eines Motorendefekts in der Qualifikation von ganz hinten starten müssen, Teamkollege Kimi Räikkönen das Rennen gar nicht erst aufnehmen können. «Ferrari hat natürlich wirklich den Wurm drinnen. Das ist schon schlimm», befand Mercedes-Teamchef Toto Wolff.
Vettel kam zwar noch gut weg, dann fehlte ihm aber Motorenleistung. Zunächst zog Verstappen vorbei, nach einer kurzen Safety-Car-Phase wegen eines Unfalls von Carlos Sainz in seinem letzten Rennen für Toro Rosso wurde Vettel immer weiter durchgereicht. Wehrlos auf den Geraden musste der Hesse die Konkurrenten ziehen lassen, ehe ihn der Kommandostand nach der vierten Runde zurück in die Garage beorderte. Völlig frustriert stieg der Hesse aus seinem Wagen.
«Wir werden bis zum letzten Rennen kämpfen, bis zur letzten Runde, bis zur letzten Kurve, das kann ich garantieren», meinte Vettels Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene kämpferisch und betonte: «Sebastian macht weiter Druck, wir geben nicht auf.»
Das wird Ferrari auf den letzten Kilometern dieser Saison aber wohl auch nichts mehr bringen. Und das liegt an den verheerenden Etappen in Asien. In Singapur hätte Vettel von der Pole Position gewinnen können, schied aber nach einem Start-Crash mit Verstappen und Räikkönen aus. Auch in Malaysia war der Sieg möglich, durch die Motorenprobleme reichte es jedoch nur zu Platz vier.
Hamilton dagegen holte nach der Sommerpause mit Siegen in Spa, Monza, Singapur und nun Suzuka sowie dem zweiten Platz von Malaysia 118 der möglichen 125 Zähler. Aus Vettels 14-Punkte-Vorsprung ist binnen der ersten fünf Rennen nach der Sommerpause ein schier uneinholbarer Rückstand geworden.
«Ich glaube, ich muss mein Team in Schutz nehmen. Wir haben einen unglaublichen Job bis hierhin abgeliefert», sprach Vettel seiner Mannschaft Mut zu. «Wir kehren jetzt nach Hause zurück, erholen uns ein bisschen und dann geht’s in den letzten vier Rennen weiter. Mal sehen, was da alles passiert.»
Fotocredits: Kazuhiro Nogi,Toru Takahashi,Eugene Hoshiko,Eugene Hoshiko
(dpa)