Rio de Janeiro – An der Copacabana wusste Greg van Avermaet, dass er den richtigen Karriereweg eingeschlagen hatte. 13 Jahre nach seiner Entscheidung, die Laufbahn als Fußball-Torhüter früh zu beenden, entschied der Belgier das von schweren Stürzen überschattete Straßenradrennen für sich.
«Das ist der Höhepunkt meiner Karriere. An der Copacabana als Olympiasieger auf dem Podium zu stehen, ist großartig», sagte van Avermaet, der den Dänen Jakob Fuglsang und den Polen Rafal Majka auf die Plätze verwies.
Dabei schien es lange so, als ob der Spross einer Radsport-Dynastie womöglich besser beim Fußball geblieben wäre. Denn oft fehlten ihm Kleinigkeiten für einen großen Sieg. Dies änderte sich erst so richtig bei der Tour de France 2015, als er – kurz zuvor von einem Doping-Verdacht freigesprochen – eine Etappe gewann.
In diesem Jahr setzte der Klassiker-Spezialist in Frankreich sogar noch einen drauf, als er mit einem Etappensieg ins Gelbe Trikot fuhr. Und nun der Coup an der Avenida Atlantica in Rio de Janeiro. «Ich habe immer daran geglaubt, dass ich ein Gewinner bin», sagte der 31-Jährige, der zuvor seine Siegchance auf «fünf Prozent» beziffert hatte.
Der erfolgreichste Sportler seiner Familie ist van Avermaet allemal. Sein Großvater Aimé war von 1957 bis 1963 Radprofi, sein Vater Ronald nahm gar 1980 in Moskau am olympischen Straßenrennen teil. 36 Jahre später sorgte sein Sohn in Brasilien für den familiären Höhepunkt – und gab bei einem Sieger-Interview vor traumhafter Strand-Kulisse bereitwillig zu, dass er auch viel Glück gehabt hatte. «Ich war nicht der stärkste Mann im Rennen, aber das gehört zum Radsport dazu», sagte er mit Blick auf das vorangegangene Sturzfestival.
Denn nach dem letzten Anstieg hinauf zur Vista Chinesa schien es so, als ob der starke Ex-Toursieger Vincenzo Nibali beim wohl schwersten Straßenrennen der Olympia-Geschichte Gold entgegenfahren würde. Doch der Italiener und der Kolumbianer Sergio Henao kamen in der Abfahrt einer dreiköpfigen Spitzengruppe zu Fall und zogen sich dabei wie zuvor bereits der Australier Richie Porte Knochenbrüche zu.
Kein Wunder, dass nach der Prüfung über 237,5 Kilometer und gut 4600 Höhenmeter Simon Geschke von einem «Kurs am Limit» sprach. Der Freiburger betonte aber auch: «Zu brutal war es nicht.» Dies sah auch sein Teamkollege Emanuel Buchmann so, der als bester Deutscher 14. wurde: «Es ist die Sache von jedem Einzelnen, wie viel Risiko er eingeht.»
Gemeinsam mit dem Ravensburger rollte der diesmal geschlagene Tour-Champion Christopher Froome über den Zielstrich. Als zweite Chance wartet auf den Briten aber noch das Einzelzeitfahren am Mittwoch, bei dem er wie Landsmann Bradley Wiggins vier Jahre zuvor in London seinen Toursieg vergolden könnte.
Dann will auch der dreimalige Zeitfahr-Weltmeister Tony Martin um die Medaillen mitfahren. Der 31-Jährige stieg beim Straßenrennen nach 120 Kilometern vorzeitig vom Sattel, um sich vor seiner Spezialdisziplin nicht zu sehr zu verausgaben. Seine wichtigste Erkenntnis nach dem Training unter Wettkampfbedingungen für den Kampf gegen die Uhr: das lädierte Knie hält. «Für mich persönlich war es ein guter Test», sagte Martin.
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(dpa)