Olympia

Traumspiele: Die bewegenden Geschichten der Flüchtlinge

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Rio de Janeiro (dpa) – Der größte Kampf seines Lebens ist schon lange zu Ende. Wenn Popole Misenga in Rio de Janeiro auf die Matte kommt, wird keine Waffe auf ihn gerichtet sein, kein Soldat wird ihn verfolgen.

Er wird nicht mehr wegrennen müssen, sondern geradewegs auf seinen Gegner zugehen. Tausende Menschen werden Misenga dabei zusehen und er wird stolz sein. Zum ersten Mal überhaupt nimmt der kongolesische Judoka an Olympischen Spielen teil.

«Sport hat mein Leben verändert. Ich bin hier in Rio einer der Athleten des olympischen Flüchtlingsteams. Und wir sind nicht mehr traurig – wir sind glücklich», sagte der 24-Jährige während einer emotionalen Pressekonferenz in der brasilianischen Metropole. Als er den Journalisten seine bewegende Geschichte erzählt hatte, flossen bei Misenga die Tränen.

Er war noch ein Kind, als er aus seiner vom Bürgerkrieg zerrütteten Heimatregion flüchtete. Als Neunjähriger versteckte er sich für acht Tage im Wald, ehe er in ein Zentrum für vertriebene Kinder gebracht wurde. Dort fing er mit Judo an. Knapp 15 Jahre später ist er einer von zehn Athleten im vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) neu gegründeten Flüchtlingsteam.

«Viele Menschen sagen, dass Flüchtlinge kein Leben hätten. Aber wir können diesen Menschen zeigen, dass wir alles schaffen können», sagte Misengas Teamkollegin Yolande Mabika. Bereits 2013 kamen Misenga und Mabika mit einem Schiff nach Brasilien. Im fünftgrößten Land der Erde suchten sie das, was sie im Kongo wohl niemals gefunden hätten: ein normales Leben mit normalen Trainingsbedingungen.

Die Geschichte der Olympia-Flüchtlinge ist eine Geschichte von Gewalt, Angst, neuer Hoffnung und Emotionen. Es ist auch die Geschichte von Yusra Mardini. Die syrische Schwimmerin war vor rund einem Jahr von Damaskus nach Berlin geflüchtet. Als ihr mit über 20 Menschen besetztes Boot zwischen der Türkei und Griechenland kentert, springen Mardini und ihre Schwester ins Wasser und ziehen es mehrere Stunden lang bis ans rettende Ufer.

«Ich hoffe, dass die Menschen von unserer Geschichte lernen, dass es immer weiter geht, dass man seine Träume erreichen kann», sagte die 18-Jährige. Mardini hat ihre Träume nach ihrer Ankunft in Berlin Schritt für Schritt erreicht. Ihr Schwimmverein in Spandau schenkte ihr Sportkleidung, sie fand neue Freunde, jetzt schwimmt sie in Rio gegen die besten Athleten der Erde.

Natürlich weiß Mardini, dass sie in Rio keine Medaille gewinnen wird. Es sei für sie eine große Ehre, dass sie überhaupt dabei sei, sagte sie. Auch Rami Anis, aus Syrien über die Türkei nach Belgien geflüchtet, ist «überglücklich, hier zu sein». Anis ist 25, wird in Rio ebenfalls schwimmen, mit großer Wahrscheinlichkeit keine Medaille gewinnen, hat dafür aber ein anderes großes Ziel: ein Selfie mit Superstar Michael Phelps.

«Rami will ihn wirklich, wirklich, wirklich unbedingt treffen», sagte seine Trainerin Carine Verbauwen. Schon vor sieben Jahren hatte er es bei den Weltmeisterschaften in Rom probiert. «Er hat ihn gefragt, ob er ein Selfie haben könne, Phelps sagte aber nein. Rami war danach am Boden zerstört», berichtete Verbauwen. In Rio werden sich die beiden eventuell bei einem der Läufe über 100 Meter Schmetterling begegnen. Vielleicht klappt es dann auch mit dem Selfie.

Fotocredits: Dave Hunt

(dpa)