Hannover – Der Rubel rollt weiter – auch ohne das große Geld aus der Premier League. Denn während die Clubs aus Englands erster Liga seit vergangener Woche keine Spieler mehr kaufen dürfen, ist der Transfermarkt in den übrigen großen Ligen Europas weiter geöffnet.
Davon profitierte am Wochenende unter anderem der FC Schalke 04, der Verteidiger Thilo Kehrer für geschätzte 37 Millionen Euro an Thomas Tuchels Paris St. Germain verkaufte. Der Wahnsinn setzt sich also fort – und doch sorgt der frühere Einkaufsstopp auf der Insel für eine veränderte Situation für die Clubs aus der Bundesliga.
Schließlich gibt es 20 Konkurrenten mit vollem Portemonnaie weniger, die auf dem letzten Drücker noch Verpflichtungen tätigen und die Kader der deutschen Clubs durcheinanderwirbeln können. Es sei nur an den VfL Wolfsburg erinnert, der 2015 kurz vor Transferschluss Kevin De Bruyne an Manchester City verlor und schnell noch Julian Draxler und Dante kaufte. Zu einer richtigen Mannschaft wurden die Wolfsburger dann in der Saison 2015/16 nicht mehr, im Nachhinein war dieses Transferchaos der Anfang vom VfL-Absturz.
Ist der frühe Transferschluss in England also von Vorteil für die deutschen Clubs? Darüber streiten sich noch die Experten, wirklich wissen wird man das erst nach dem in der Bundesliga weiter klassischen Transferende am 31. August, wenn auch die Kader der deutschen Vereine eine Woche nach dem Saisonstart bis zum Winter fix sind. Die Bundesliga hat sich nicht den Engländern angeschlossen. Man will diesen Sommer testen, wie sich die neue Situation auswirkt.
Befürworter eines früheren Einkaufsstopps gibt es aber auch hierzulande. «Aus Sicht von Bayern München ist das ein Vorteil. Ich halte es grundsätzlich für eine interessante Alternative, wenn die Liga beginnt, dass der Transfermarkt dicht ist», sagte Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge unlängst in der Sendung «100% Bundesliga – Fußball bei NITRO».
In der Vergangenheit sei das bereits häufiger ein Thema gewesen. «Wir haben das in Europa oft diskutiert – die großen Clubs waren dafür, wer dagegen war, waren die kleinen Clubs», berichtete Rummenigge. «Die haben argumentiert, dass sie, wenn sie sich nicht für die Europa- oder Champions-League qualifiziert haben, aus finanziellen Gründen Spieler verkaufen müssen, und die haben sich dann durchgesetzt auch bei der UEFA.»
In Italien haben sich die Clubs darauf geeinigt, ebenfalls mit dem Start der Liga die Transferaktivitäten einzustellen, weshalb dort nur noch bis zum 17. August Spieler gekauft werden dürfen.
Für Gladbachs Sportdirektor Max Eberl macht eine Änderung auch nur dann Sinn, wenn es eine europaweite Lösung gibt. «Das kann nur funktionieren, wenn die Top-5-Ligen sich einigen. Sonst hätte die Bundesliga einen Wettbewerbsnachteil», sagte Eberl in der vergangenen Woche beim Fußball-Gipfel der «Rheinischen Post».
Fredi Bobic sieht die Bundesliga in der jetzigen Konstellation sogar im Vorteil. «Es kann sein, dass plötzlich der ein oder andere interessante Spieler auf den Markt kommt, mit dem man jetzt noch gar nicht rechnet», sagte Frankfurts Sportchef Fredi Bobic mit Blick auf Profis, die bei englischen Clubs an den ersten Spieltagen nicht zum Einsatz kommen. «Wir können in England noch kaufen, aber die können uns nichts mehr wegkaufen.»
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(dpa)