Rio de Janeiro – Silvia Neid fühlte sich auch ohne eigene Medaille um den Hals als glücklichster Mensch. Der erstmalige Olympiasieg der deutschen Fußball-Frauen verschaffte der scheidenden Bundestrainerin ein tiefes Gefühl der Zufriedenheit.
«Das kann man fast nicht in Worte fassen. Das ist ja das besondere, wenn man so ein Turnier gewinnt, wenn man dort ankommt, wofür man arbeitet. Das erfüllt einen mit Stolz», sagte Neid und gab das Motto für die lange Party-Nacht aus: «Heute wird getanzt und gesungen.»
Das taten die Spielerinnen schon im legendären Maracanã-Stadion ausgiebig. Zweieinhalb Stunden nach dem Abpfiff schallten immer noch Jubel-Lieder aus der Kabine, ehe es zur großen Sause ins Deutsche Haus ging. «Es ist total komisch. Ich freu‘ mich, aber dieses: Krass, ich bin Olympiasieger, das kann man gar nicht beschreiben. Da brauche ich noch ein paar Tage, bis ich realisiere, dass ich Olympiasiegerin bin», beschrieb Melanie Behringer die Gefühlslage im DFB-Team.
Der 2:1-Sieg im Finale gegen Schweden war für Neid der krönende Abschluss ihrer imposanten Trainer-Laufbahn. «Das war das i-Tüpfelchen. Ich bin einfach total happy», sagte sie. Nach dem Abpfiff war die oft so reservierte und kontrollierte Bundestrainerin jubelnd auf den Rasen gerannt und auf die Traube der Spielerinnen gesprungen. Danach nahm sie für das Siegerfoto mitten zwischen ihren Schützlingen Platz. Nur die Medaille blieb ihr verwehrt: Die erhalten bei Olympia stets nur die Sportler.
Neid konnte es verschmerzen. Nach zwei WM- und acht EM-Titeln, die sie als Spielerin, Assistentin und Bundestrainerin gewonnen hatte, gab es obendrauf den historischen Olympia-Triumph. «Ein ganz großer Abschluss für eine Frau, die den deutschen Frauenfußball am meisten geprägt hat», gratulierte DFB-Präsident Reinhard Grindel in den Stadionkatakomben.
«Sie hat viel geleistet. Seit der U19 ist sie meine Trainerin. Ich freue mich total, dass sie so einen perfekten Abschluss gekriegt hat. Ich sage: Sie hat das verdient», erklärte Behringer.
Neben der Mittelfeldspielerin vom deutschen Meister Bayern München und der Bundestrainerin gehört auch Anja Mittag zum kleinen Kreis der Spielerinnen, die alle wichtigen internationalen Titel errungen haben. «Olympiasieger ist schon cool. Das schafft man nicht jeden Tag. Ich habe jetzt alles gewonnen. Das ist der Hammer», sagte die Stürmerin, die bei der Siegerehrung das Trikot der verletzt abgereisten Simone Laudehr in die Höhe hielt.
Als Matchwinnerin Dzsenifer Marozsán und Co. die goldenen Plaketten umgehängt bekamen, stand Neid stolz mit einigem Abstand daneben. Ihren goldenen Abschied hatte sie vor allem der Edel-Technikerin zu verdanken, die mit einem Traumtor die Führung erzielt und mit einem Pfostenschuss das Eigentor von Linda Sembrant eingeleitet hatte.
«Ich freue mich natürlich über die eineinhalb Tore, die ich dem Team schenken konnte. Ich bin froh, dass mir das so gelungen ist und wir die Goldmedaille um den Hals haben», sagte Marozsán. «Das ist ein wunderschöner Moment. Ich genieße es jetzt einfach.»
Auch Kapitänin Saskia Bartusiak war aus dem Häuschen. «Das Gefühl ist unbeschreiblich. Wir alle haben Gold», sagte sie und fügte mit Blick auf die Bundestrainerin an: «Es ist einfach nur genial, dass sie so ein Ende hat.» Neid sah dies ähnlich und verkündete mit einem zufriedenen Lächeln: «Es fällt mir total leicht, die Zügel jetzt aus der Hand zu geben.»
Fotocredits: Soeren Stache
(dpa)