Düsseldorf – Engelbert und Gabi stehen schon am Vormittag an der Absperrung an der Düsseldorfer Königsallee. «Weil das hier der markanteste Ort ist», sagt das radsportbegeisterte Ehepaar aus dem Ruhrgebiet.
Grauer Himmel und Nieselregen stört sie nicht. Ab 15.30 Uhr preschen die Fahrer der Tour de France beim Zeitfahren durch diese scharfe Kurve hinauf auf die Königsallee. «30 Sachen werden die in der Kurve noch draufhaben», meint der 56 Jahre alte Engelbert. An anderen Stellen der 14 Kilometer langen Rennstrecke rasen die Radrennsportler vielleicht sogar mit Tempo 60 vorbei.
Zum ersten Mal seit 30 Jahren findet der Grand Départ wieder in einer deutschen Stadt, in Düsseldorf, statt. Der 14 Kilometer lange Rennkurs führt vorbei an den ausgesucht schönen Seiten der Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen: Gründerzeithäusern am Rhein, der Edel-Einkaufmeile Königsallee. Auf der kilometerlangen Strecke sind zwei Fahrspuren zum Schutz der Fahrer komplett eingerüstet mit Absperrgittern: Die Besucher stehen Spalier und feuern die Fahrer an. Noch wenige Stunden vor Rennbeginn werden Lastwagen-Sperren am Streckenrand aufgebaut.
Ausgerechnet zum Start des weltgrößten Radrennens ist das Wetter schlecht geworden, und die Wetterkundler machen keine Hoffnung auf Besserung. Es werde überwiegend dicht bewölkt bleiben und immer wieder könne Sprühregen fallen, sagt die Meteorologin des Deutschen Wetterdienstes in Essen. «Damit haben die Fahrer am Nachmittag zu tun». Die Wolken hängen sogar so tief, dass die Hubschrauberpiloten für die Luftbilder besonders aufpassen müssen.
Das Wetter kann Rienk aus Utrecht nichts anhaben. Der junge Mann hat mit drei Freunden auf einer grünen Verkehrsinsel ein oranges Zelt aufgebaut. Hier sehen sich die Niederländer gemütlich von Camping-Sesseln aus das Zeitrennen an. In der Kühlbox wartet das Bier. Und ehe die Fahrer durchfahren, rollt hupend und mit viel Tamtam, die bunte Werbekarawane der Sponsoren über die Strecke: ein bisschen Karneval Anfang Juli.
Je früher die Besucher an die Strecke kommen, desto weiter ihre Anfahrt. Er habe vor einem Jahr das Hotel gebucht, erzählt ein Mann aus Hamburg, der am sonnengelben Halstuch mit dem Emblem der Tour de France als Fan zu erkennen ist. «Ich dachte, das ist ruck, zuck ausverkauft». Noch etwas verloren sucht er nach einem guten Platz am Streckenrand. Für ihn sei sofort klar gewesen: «Wenn die Tour de France in Deutschland ist, fahren wir hin.» Zwischen einer halben und einer Million Besucher werden an den beiden Tour-Tagen erwartet.
In Düsseldorf wurde die Bewerbung um den Start, der die Stadt wohl unter dem Strich mehrere Millionen Euro kosten wird, lange mit gemischten Gefühlen gesehen. Aber: Sogar der französische Präsident Emmanuel Macron schickte einen Gruß zum Beginn des Radrennens und erwähnte, dass die Stadt am Rhein gelegentlich «Klein-Paris» genannt wird: «Le petit Paris» aus der Feder des französischen Präsidenten ist natürlich ein Ritterschlag.
Fotocredits: Bernd Thissen
(dpa)