Gelsenkirchen (dpa) – Trainer Markus Weinzierl starrte sekundenlang wie versteinert ins Leere, Torhüter Ralf Fährmann lag reglos auf dem Rücken und wollte gar nicht mehr aufstehen: Nach der emotionalen Berg- und Talfahrt mit bitterem Ende fehlte den Schalkern sogar die Kraft zum Ärgern.
Das 0:2 aus dem Viertelfinal-Hinspiel bei Ajax Amsterdam hatten sie eigentlich schon wettgemacht, in der Verlängerung in Überzahl mit 3:0 geführt. Doch nach dem 3:2 (2:0, 0:0) zog statt der Schalker Ajax ins Halbfinale der Europa League ein, der Traum von der Wiederholung des UEFA-Cup-Siegs 1997 ist beendet. Die Deutsche Presse-Agentur beantwortet die wichtigsten Fragen rund um die denkwürdige Europacup-Nacht von Gelsenkirchen.
Wieso ist Schalke ausgeschieden?
Vor allem, weil das Hinspiel katastrophal schlecht war. «Wir sind in der vergangenen Woche ausgeschieden», sagte Fährmann trotz der zwischenzeitlichen Wende. Und nach der liefen die Schalker ins Verderben. «Wir hätten die Konter ruhiger ausspielen und das 4:0 machen müsste», meinte Daniel Caligiuri. «Wir hätten es über die Zeit bringen müssen», entgegnete Weinzierl. Vielleicht hätte eine eindeutige Strategie geholfen.
War das Ausscheiden verdient?
Ja. Schalke war einmal klar schlechter und einmal leicht besser. Unter dem Strich ist der Weiterkommen von Ajax deshalb absolut in Ordnung.
Wie viel Eurofighter steckte in Schalke?
Zwischenzeitlich schon eine Menge. Vor allem in zwei Spielern: Der Einsatz von Sead Kolasinac war bis kurz vor dem Anpfiff fraglich, dann marschierte der Bosnier 120 Minuten und bereitete zwei Tore vor. Noch heldenhafter agierte Leon Goretzka. Der Mittelfeldspieler hatte sich nach einem Zusammenprall mit Ajax-Torhüter André Onana möglicherweise eine Gehirnerschütterung zugezogen. «In der Halbzeit hat er sich etliche Male übergeben“, berichtete der Trainer. Goretzka spielte weiter, erzielte gar das 1:0. «Er steht für die ganze Mannschaft», betonte Weinzierl.
Wie reagierten die Fans?
Insgesamt war es eine Versöhnung der Mannschaft mit den Anhängern, wenn auch sicher nur auf Zeit. In der ersten Halbzeit mischten sich oft Pfiffe in die lauten Anfeuerungsrufe. Nach dem 1:0 herrschte eine Stunde herausragende Stimmung, nach dem Schlusspfiff Schockstarre, dann gab es aufmunternden Applaus.
Muss Schalke nächste Saison im Europacup zuschauen?
Die Gefahr ist groß. Die einzige theoretische Chance bietet die Liga. Platz sechs, der sicher für die Europa-League-Qualifikation reicht, ist nur vier Punkte weg. Allerdings müsste Schalke fünf Teams überholen und es bleiben nur noch fünf Spiele. Durchaus schwere zudem. Wenn Schalke die Qualifikation nicht schafft, wäre es eine denkbar schlechte Ausbeute für das erste Jahr von Manager Christian Heidel und Trainer Markus Weinzierl. Denn in den vergangenen sieben Jahren war Schalke immer im Europacup dabei.
Kann Ajax nun den Titel gewinnen?
Durchaus. Das Team schwimmt seit Monaten auf der Erfolgswelle und spielt, vor allem zu Hause, begeisternden Fußball. Die Motivation ist zudem groß. «Wenn man im Halbfinale steht, will man auch ins Endspiel», sagte der frühere U21-Nationalspieler Amin Younes, der Schalke mit dem 3:2 den endgültigen K.o. versetzte, zunächst. Top-Favorit bleibt aber Manchester United.
Fotocredits: Ina Fassbender