Silverstone – Sturmtief Doris erstaunte auch Lewis Hamilton. Der dreimalige Formel-1-Weltmeister und sein neuer Teamkollege Valtteri Bottas mussten bei der Präsentation ihrer neuen Dienstwagen heftigen Böen auf dem Grand-Prix-Kurs von Silverstone trotzen.
Frischen Wind erwartet Hamilton von dem finnischen Nachfolger des zurückgetretenen Weltmeisters Nico Rosberg – vermissen wird Hamilton seinen früheren Kart-Kumpel indes nicht.
«Ich denke, ich habe noch nie in meinem Leben einen Teamkollegen vermisst, weil es für gewöhnlich immer einen anderen gibt, der seinen Platz einnimmt», stellte Hamilton am Rande der Präsentation klar. An eine Garage ohne den gebürtigen Wiesbadener muss sich aber auch der Brite erstmal gewöhnen. «Es fühlt sich schon merkwürdig an, jemand anderen im Wagen neben mir sitzen zu sehen», räumte Hamilton bestens gelaunt ein.
Rosberg und er fuhren schließlich vier Jahre in der Formel 1 zusammen für Mercedes. Nach der Rückkehr der Silberpfeile als Werksteam in die Königsklasse des Motorsports 2010 war der Deutsche nun jedoch erstmals bei der Vorstellung des neuen Autos nicht dabei.
Die Entscheidung Rosbergs, schon im Alter von 31 Jahren die Karriere zu beenden, kann Hamilton weiter nur bedingt nachvollziehen. «Ich kann das irgendwie verstehen, dass er aufhören wollte», meinte der dreimalige Weltmeister. Schließlich habe Rosberg auf dem Gipfel abtreten können. Von solchen Gedankenspielen ist Hamilton aber meilenweit entfernt. «Ich bin immer noch wettbewerbsfähig, ich bin noch immer hungrig», versicherte der Mann aus Stevenage. «Meine Einstellung ist wie immer, ich will gewinnen.»
Von dieser Saison an will nun der frühere Williams-Mann Bottas dem Briten das Leben schwer machen. «Er wird mich vermutlich genauso schlagen wollen wie ich ihn», ahnt Hamilton, der wie sein neuer Teamkollege auch schon eine erste Ausfahrt mit dem schnittigen W08 unternahm. «Frisches Blut ist immer gut», stellte Hamilton fest.
Der völlig überraschende Rücktritt von Rosberg und der Abschied von Technikdirektor Paddy Lowe können nach Ansicht von Motorsportchef Toto Wolff völlig neue Kräfte freisetzen. «Ein Bruch kann ein sehr positiver Faktor in der Entwicklung von Firmen sein», meinte er.
Eine Zäsur bedeuten die Regeländerungen. So sind die Reifen um rund 25 Prozent breiter, die Wagen statt 1,80 Meter nun 2,00 Meter breit. Zudem wiegen die Autos künftig maximal 722 Kilogramm, die Anforderungen bei der Aerodynamik ändern sich grundlegend. Insgesamt sollen die Wagen mindestens drei Sekunden pro Runde schneller werden.
«Das ist das detailreichste Auto, das wir je gebaut haben», meinte Hamilton nach seinem Schnuppertag staunend. Auffällig ist etwa im Gegensatz zu den Zapfen bei Sauber oder Williams die harmonisch geschwungene Frontpartie des 2017er Silberpfeils. Zudem schmiegt sich die dezente Heckfinne elegant an die Airbox.
Nach drei Konstrukteur- und drei Fahrertiteln in Serie soll die Dominanz von Mercedes indes kein Ende nehmen. «Wir müssen weiter konzentriert und motiviert sein. Dann wird sich weiterer Erfolg einstellen», sagte Wolff.
Um den Betriebsfrieden zu wahren, sollen auch Hamilton und Bottas einen Verhaltenskatalog auf dem Asphalt befolgen. «Wir haben ein internes Papier, das über die Jahre mit der Erfahrung gewachsen ist», sagte Wolff, dem die Eskalationen zwischen Hamilton und Rosberg nie gefallen konnten. «Wir wollen die Regeln ein bisschen anpassen, aber nicht zu kompliziert werden.»
Von diesem Montag an bis zum 2. März gibt es dann bei den ersten offiziellen Tests dieses Jahres in Barcelona die Warmup-Phase. Am 26. März beginnt schließlich die Saison mit dem Auftakt-Grand-Prix in Melbourne.
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(dpa)