St. Petersburg – Joachim Löws erfrischende Boygroup hat den deutschen Fußballsommer mit dem ersten Gewinn des Confed-Cup-Pokals vergoldet.
Zwei Tage nach dem EM-Titelgewinn der U21-Junioren führte der Gladbacher Lars Stindl in der 20. Spielminute mit seinem dritten Turniertor das jüngste Team im Finale vor 57 268 Zuschauern in St. Petersburg zum 1:0 (1:0) gegen Südamerika-Meister Chile. Nach einem Wackelstart nutzte das deutsche Team um den überragenden Sebastian Rudy seine erste Chance eiskalt und zitterte den Sieg am Ende über die Zeit.
Ein Jahr vor der WM in Russland gelang dem Bundestrainer das Kunststück, auch ohne seine Promi-Weltmeister in nur vier Wochen ein Team von internationalem Format zu entwickeln. Jeder der 21 deutschen Akteure erhält vom DFB eine Erfolgsprämie von 50 000 Euro. Der 21-jährige Leipziger Timo Werner, der Stindl das Siegtor auflegte, gewann mit ebenfalls drei Toren und dazu zwei Vorlagen den Goldenen Schuh als bester Offensivakteur.
Coach Löw hatte aus dem 1:1 beim Duell in der Gruppenphase seine Lehren gezogen und seine Startelf diesmal etwas offensiver formiert. Torjäger Timo Werner kam für Abräumer Emre Can ins Team, in der Abwehr ersetzte Antonio Rüdiger den Bayern-Neuzugang Niklas Süle. Doch wie zehn Tage zuvor offenbarte die DFB-Auswahl zu Beginn erneut bedenkliche Abwehrschwächen und lud die Chilenen durch leichte Fehler zu Chancen ein.
Nach einem missglückten Pass von Lars Stindl rettete Rüdiger in höchster Not gegen den Leverkusener Charles Aranguiz, den anschließenden Schuss von Arturo Vidal entschärfte Marc-André ter Stegen (3.). In der ersten Viertelstunde gelang den Deutschen kaum etwas in der Offensive, obwohl sie diesmal eigentlich selbst mehr das Geschehen bestimmen wollten.
Das Team von Trainer Juan Antonio Pizzi versäumte es jedoch, seine anfängliche Überlegenheit in eine Führung zu verwandeln. Nach ter Stegens leichtem Patzer, als er einen Vidal-Schuss zu kurz nach vorn abwehrte, traf der umworbene Arsenal-Topstar Alexis Sanchez den Ball nicht richtig (19.).
Im Gegenzug zeigte das DFB-Team dann, wie eiskalte Chancenverwertung geht. Der einstige Hamburger Relegationsheld Marcelo Diaz verlor am eigenen Strafraum den Ball, allein vor Chiles Halbfinal-Matchwinner Claudio Bravo bediente Werner den freien Stindl, der nur noch ins leere Tor einschieben musste – 1:0.
Die Chilenen reagierten wütend, doch mit der Führung im Rücken stabilisierten sich die Löw-Schützlinge und ließen nun weniger zu. Rudy profilierte sich erneut als ruhiger Gestalter in der Zentrale, auch Leon Goretzka fand immer besser in die Partie. Der Schalker hatte vor der Pause zweimal das 2:0 auf dem Fuß. Zunächst verzog er nach Rudys feinem Zuspiel (36.), dann scheiterte er aus spitzem Winkel an Bravo (45.). In beiden Fällen waren am Tag der Geschenke wieder dicke Patzer der Chilenen vorausgegangen.
In ihrem dritten Finale nacheinander nach den Titeln bei der Copa América 2015 und 2016 konnten die Südamerikaner in dieser Phase ihrem eigenen Anspruch auf den nächsten Triumph nicht gerecht werden. Dagegen nährte das deutsche Perspektivteam kurz nach dem EM-Erfolg der deutschen U21 mit ihrem beherzten Auftritt die Hoffnungen auf weitere Großtaten bei der WM im kommenden Jahr. «Wir können stolz sein über das, was der deutsche Fußball immer wieder zustande bringt. Aber es ist ja nicht so, dass wir schon wieder Weltmeister sind», sagte Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff.
Nach der Pause stemmte sich das DFB-Team erfolgreicher als zu Beginn gegen den Versuch der Chilenen, Druck aufzubauen. Kapitän Julian Draxler, wie im gesamten Turnier nicht völlig überzeugend, hatte nach feinem Solo Pech, dass sein Schuss noch abgefälscht wurde (55.). Kurz darauf zofften sich die Bayern-Profis Vidal und Joshua Kimmich, beide sahen Gelb und verzichteten danach auf einen versöhnlichen Handschlag. Dabei hatten sich die beiden Münchner nach dem Gruppenspiel noch zum Wiedersehen im Finale verabredet.
Und es blieb hitzig. Nach Gonzalo Jaras Ellbogenschlag gegen Werner griff der Videoschiedsrichter ein, doch der serbische Referee Milorad Mazic beließ es nach dem Studium der Bilder bei Gelb – eine fragwürdige Entscheidung. Mit Wut im Bauch warfen die Chilenen nun noch einmal alles nach vorn. Rudy rettete gegen Alexis Sanchez (73.), dann parierte ter Stegen einen Schuss von Eduardo Vargas (74.).
Löw sah, dass sein junges Team immer mehr in Bedrängnis geriet und brachte Can als Stabilisator anstelle von Werner (79.). Noch einmal musste ter Stegen sich bei Aranguiz‘ Schuss strecken (80.). Angelo Sagal schoss kurz darauf über das leere Tor (84.), ehe wieder ter Stegen einen Freistoß von Sanchez hielt (90.+5). Dann war es für völlig entkräftete DFB-Auswahl geschafft. Nur eins gibt im Jubel um den Premierentitel beim WM-Testlauf zu denken: Noch nie wurde ein Confed-Cup-Sieger direkt danach auch Weltmeister. «Abergläubisch sind wir nicht, zumindest ich nicht», hatte Joachim Löw aber vorher schon gesagt.
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(dpa)