Köln – An Krücken humpelte Tobias Rieder vor dem WM-Schlüsselspiel in die Kölner Eisarena, mit einem Stuhl schoben Teamkollegen den trotz allem lachenden NHL-Torjäger aufs Eis.
Für das Mannschaftsfoto mussten Deutschlands arg geschwächte Eishockey-Cracks gute Miene zum bösen Spiel machen. «Ich darf noch mit rauf. Ich finde es schön, dass mich die Mannschaft noch unterstützt», sagte der Stürmer aus Arizona, als er frustriert sein WM-Aus verkündete – einen Tag vor der so wichtigen vierten Vorrundenpartie bei der Heim-WM am Mittwoch (20.15 Uhr) gegen die Slowakei.
Deutschlands aktuell bester Stürmer im Kader hatte sich beim 3:6 gegen Rekord-Weltmeister Russland die Syndesmose im rechten Fuß gerissen. Wie schon 2016 ist das Turnier für Rieder vorzeitig beendet. «Von den Schmerzen her geht es eigentlich, aber es ist natürlich trotzdem irgendwie scheiße», sagte Rieder, der von einer vier- bis sechswöchigen Pause ausgeht.
Auf die Stimmung drückte nach der zweiten Niederlage im dritten Spiel zudem die Sperre von Patrick Hager nach dessen dummer Matchstrafe wegen einer unüberlegten Attacke. «Das weiß er selber, dass das nicht gut war», schimpfte Bundestrainer Marco Sturm auch am Tag nach dem Auftritt gegen die Sbornaja. Leichte Zweifel an seiner Deutung waren aber angebracht. Denn richtig einsichtig zeigte sich Hager nicht gerade: «Wir müssen schauen, dass wir das nicht über-thematisieren. Wir müssen uns jetzt auf die Slowaken konzentrieren und nicht das Thema heißer kochen, als es ist.»
Ohne die beiden bislang überzeugenden Stürmer muss Deutschland gegen die Slowakei möglichst gewinnen, um die gute Viertelfinal-Chance zu erhalten. «Es wird jetzt umso schwerer, die anderen Nationen zu schlagen», sagte Sturm zur paradoxen Situation nach dem schweren Auftaktprogramm.
Obwohl Deutschland durch das überraschende 2:1 zum Auftakt gegen die USA mit drei Punkten deutlich besser dasteht, als vor der WM gedacht, ist die Stimmung mies. Die Niederlagen gegen Schweden (2:7) und Russland, zusammen mit den Ausfällen zweier Schlüsselspieler, schwächten das Selbstvertrauen.
«Wenn man zweimal hoch verliert, muss man das erst mal vom Kopf her verkraften. Wir müssen jetzt irgendwie den Reset-Knopf drücken», sagte Kapitän Christian Ehrhoff, und Sturm klagte im Hinblick auf die Personalsituation: «Jetzt wird es langsam eng.»
Ob der Bundestrainer den Kader im Angriff nun mit dem bislang noch nicht gemeldeten Mannheimer David Wolf auffüllt oder weiter auf Verstärkung aus der NHL wartet, ließ er noch offen. Die zweite Playoffrunde in der nordamerikanischen Profiliga dauert inzwischen länger als gehofft. Erst in der Nacht auf Donnerstag ist die Saison für zwei weitere Nationalspieler beendet.
«Das dauert dann auch noch drei bis vier Tage, bis sie wieder da sind», sagte Sturm. Wohl erst zum letzten Vorrundenspiel gegen Lettland am 16. Mai wären Leon Draisaitl oder Korbinian Holzer sowie Philipp Grubauer oder Tom Kühnhackl dann mit dabei.
Wie immer bemühte sich Sturm, die Probleme einfach wegzulächeln. «Wir sind guter Dinge, dass morgen wieder die Sonne scheint», sagte der 38-Jährige mit einem breiten Grinsen.
Dafür muss die Mannschaft nun ebenso Moral zeigen wie im Spiel gegen Russland, als Deutschland nach dem 0:5 zumindest noch ein Debakel verhinderte. «Wir haben einen guten Charakter in der Mannschaft, das müssen wir jetzt beweisen», sagte Ehrhoff. Sturm setzt nach den Rückschlägen durch die Ausfälle von Hager und Rieder gar auf einen positiven Team-Effekt. «Vielleicht ist es aber auch gut so, dass die Mannschaft wieder enger zusammenrückt.»
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(dpa)