Oudenaarde – Nils Politt setzte nach sieben Stunden Schwerstarbeit noch zu einem beherzten Sprint an und ließ die Radsport-Prominenz wie Peter Sagan oder Alejandro Valverde hinter sich – für die ganz große Sensation sorgte aber der krasse Außenseiter Alberto Bettiol.
Der 25-jährige Italiener feierte nach 270,1 Kilometern von Antwerpen nach Oudenaarde einen Solosieg bei der 103. Flandern-Rundfahrt und holte ausgerechnet beim zweiten der fünf Radsport-Monumente seinen ersten Profisieg überhaupt. Politt fuhr im Sprint der ersten Verfolgergruppe auf einen starken fünften Platz.
Doch den Sieger Bettiol hatte überhaupt kein Experte auf dem Zettel. Der Fahrer vom Team Education First hatte sich am vorletzten der 17 giftigen Anstiege («Hellinge») abgesetzt und sich von all den Stars nicht mehr einholen lassen. «Das waren die längsten 13 Kilometer meines Lebens. Mein erster Sieg, ich kann es nicht fassen», sagte Bettiol und schüttelte immer wieder mit dem Kopf. Hinter dem Italiener belegten der Däne Kasper Asgreen und der Norweger Alexander Kristoff die Plätze zwei und drei.
«Ich bin super happy mit Platz fünf», sagte Politt und ergänzte: «Am Paterberg habe ich eigentlich schon den Anschluss verloren. Ich bin dann aber wieder zurückgekommen und habe einen super Sprint gefahren.»
Bei Volksfeststimmung und mehreren hunderttausend Zuschauern am Streckenrand war es bei «Vlaanderens Mooiste» («Flanderns Schönste») so gar nicht der Einlauf, den die Experten erwartet hatten. Ob Weltmeister Valverde (Spanien), Ex-Champion Peter Sagan (Slowakei) oder Klassiker-Spezialist John Degenkolb (Oberursel) – die großen Stars mussten sich allesamt geschlagen geben. Degenkolb war nicht einmal in der ersten Verfolgergruppe vertreten, verlor bereits am Paterberg gut 13 Kilometer vor dem Ziel die Top-Gruppe aus den Augen und belegte am Ende Platz 29.
Umso bravouröser war der Auftritt von Politt, der mit großem Kampf den Anschluss zu den Stars nicht abreißen ließ. Und zum Schluss hatte er sogar noch die Kraft für einen Sprint.
Gar nicht in dem Kampf um seinen zweiten Ronde-Sieg konnte indes Titelverteidiger Niki Terpstra eingreifen. Der Niederländer war rund 160 Kilometer vor dem Ziel auf einer breiten und eigentlich ungefährlichen Straße in einen Sturz mit mehreren Fahrern verwickelt und musste zu weiteren Untersuchungen ins Krankenhaus gebracht. Der ebenfalls in den Sturz involvierte Sütterlin konnte die Ronde indes fortsetzen.
Eine Woche nach der Ronde steht mit Paris-Roubaix das nächste Monument auf dem Programm. Bei der 117. Auflage des Kopfsteinpflaster-Tortur durch die französische Kohleregion macht sich Degenkolb Hoffnungen auf seinen zweiten Sieg nach 2015.
Am Mittwoch möchte indes Sprinter Marcel Kittel beim 107. Scheldeprijs seine neuerliche Formkrise beenden. Fünfmal konnte der 30 Jahre alte Arnstädter den belgischen Sprinterklassiker bereits gewinnen, bei der Flandern-Rundfahrt war er nicht im Einsatz.
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(dpa)