Pyeongchang – Nico Ihle ist ein ruhiger Zeitgenosse, er weiß mit Druck umzugehen. Auf dem Chemnitzer Kraftpaket ruhen nun fast alle Hoffnungen des Verbandes in der zweiten Olympia-Woche.
Doch der Eisschnellläufer macht lockere Sprüche, fühlt sich wohl in seiner Rolle – und verbreitet Optimismus. «Ich habe alles getan. Ich wüsste nicht, was ich noch machen sollte, um noch besser zu sein», sagt der Vizeweltmeister über 500 Meter. «Das Eis ist wunderbar, es kommt mir sehr entgegen. Eigentlich genau so wie im vorigen Jahr», meint der 32-Jährige.
Im Vorjahr sprintete er hier die Kurzstrecke in 34,66 Sekunden. «Das muss man dieses Jahr bringen für die Medaille», sagt er für Montag voraus. Er brauche «keinen besonderen Lauf, nur einen guten», um vorne mitzumischen. «Wenn keine Fehler drin sind, wird es eine schnelle Zeit.»
DESG-Sportdirektor Robert Bartko sieht Ihle als eine von zwei Medaillen-Optionen für die zweite Woche, doch der Hoffnungsträger hat in diesem Winter schon alle Höhen und Tiefen ausgekostet. Er sicherte sich als erster deutscher Eisschnellläufer das Olympia-Ticket mit einem zweiten Platz zum Auftakt in Heerenveen, stürzte nach einem Fehlstart aber auch mal in die B-Gruppe ab.
«Wichtig für den Kopf war, dass ich mit den Besten immer mithalten konnte», erklärt er. Bei der Olympia-Generalprobe im Januar holte er dank Bronze über 1000 Meter als erster Deutscher in Kolomna eine Medaille bei Einzel-Europameisterschaften.
Erst vor einer Woche war er in Südkorea angereist, weil er «unbedingt alles so wie im vorigen Jahr» machen wollte. Bis dahin hatte er einsam in Berlin seine Trainingsrunden gedreht. «Bloß gut, so habe ich mir die Frische bewahrt», sagt er jetzt.
Seine Ankunft in Südkorea war für Ihle zugleich ein Neuanfang, der mit Fragezeichen versehen ist. Nachdem sein verdienstvoller Trainer Klaus Ebert mit 66 Jahren endgültig in den Ruhestand ging, stellt sich für die kommende Saison das Problem, wie es weitergeht. Denn bisher bildete Ihle mit Ebert und seinem Bruder Denny einen Mikrokosmos am Chemnitzer Küchwald, trainierte losgelöst von den Konzepten des Verbandes, oft bei widrigen Bedingungen auf der Freiluftbahn. «Ich denke, ich kann es notfalls bis zur Heim-WM 2019 in Inzell allein durchziehen. Ein Jahr kriege ich hin», hofft Ihle. Wie das genau aussieht, wird man erst nach der Saison sehen.
Pyeongchang soll nun die Krönung von Ihles Karriere werden. Vor acht Jahren war er noch froh, in Vancouver überhaupt dabei zu sein. In Sotschi kam er als Vierter über 1000 Meter dem Siegertreppchen so nah wie kein anderer deutscher Eisschnellläufer. Ob es nun im Gangneung Oval klappt? «Ich fühle mich in der Form meines Lebens», sagt er.
Fotocredits: Peter Kneffel
(dpa)