Aachen – Die furiose Aufholjagd endete mit Platz zwei. Die Siegesserie der deutschen Springreiter beim Nationenpreis des CHIO in Aachen riss, doch angesichts der schwachen Auftaktrunde jubelte das Gastgeber-Team.
«Wir können hoch erhobenen Hauptes rausgehen», sagte Bundestrainer Otto Becker im WDR. Sein Quartett um Weltmeisterin Simone Blum mit Alice hatte vor 40.000 Zuschauern nach der ersten von zwei Runden nur auf Platz sechs gelegen – ehe es aufdrehte und sich nur Schweden geschlagen geben musste. «Am Ende waren sie besser, da kann man nur gratulieren, und das tun wir auch», sagte Becker.
Christian Ahlmann, der mit Clintrexo geritten war, meinte: «Es war ein super Erlebnis, wir können mit dem zweiten Platz gut leben.» Zum deutschen Team gehörten außerdem Daniel Deußer mit Calisto Blue und Marcus Ehning mit Funky Fred.
Das deutsche Team hatte einen perfekten Start erwischt. Simone Blum, die im September bei der WM in den USA überraschend Einzel-Gold gewonnen hatte, zeigte mit Alice eine makellose Runde. Scheinbar mühelos flog die 30-Jährige aus dem bayrischen Zolling mit ihrer Stute über die zwölf Hindernisse. «Das war eine Super-Runde», schwärmte Blum.
Doch so ging es nicht weiter. Blums Kollegen patzten einer nach dem anderen. Ahlmann und Ehning kassierten jeweils vier Strafpunkte, beide am letzten Sprung. Das Publikum stöhnte auf.
Daniel Deußer blieb mit Calisto Blue fehlerfrei, doch der in Belgien lebende Hesse ritt zu langsam. Ein Zeitfehler kam aufs Strafpunkt-Konto des Teams. «Man sieht, wie weh ein Zeitfehler tun kann», kommentierte der Bundestrainer. Die deutsche Mannschaft lag nach der ersten Runde nur auf Rang sechs.
Blum legte auch im zweiten Umlauf vor. Erneut blieb sie mit Alice fehlerfrei. Ebenso Ahlmann, der danach sagte: «Clintrexo hat den Charaktertest bestanden. Die zweite Runde war eine ganze Klasse besser.» Und da auch Deußer fehlfrei blieb, war vorzeitig klar, dass Deutschland in der zweiten Runde ohne Strafpunkt blieb, weil nur die drei besten Ergebnisse pro Mannschaft zählen. Ehning musste kein zweites Mal reiten.
Am Nachmittag hatte die deutsche Dressur-Mannschaft trotz eines Aussetzers die Führung im zweiteiligen Nationenpreis übernommen. Start-Reiterin Helen Langehanenberg hatte mit ihrem lustlosen Pferd Damsey Probleme, doch ihre Team-Kolleginnen sammelten anschließend genug Prozentpunkte für Platz eins. Vor der zweiten Teilprüfung des Nationenpreises am Samstag führt Deutschland vor Dänemark und den USA.
Dass die scheinbar sicheren Siege der deutschen Dressurreiter nicht selbstverständlich sind, musste das Gastgeber-Team zu Beginn des Grand Prix‘ feststellen. «Damsey hatte heute keine Arbeitseinstellung», kommentierte Bundestrainerin Monica Theodorescu den Auftritt des 17 Jahre alten Hengstes. «Dabei war er am frühen Morgen noch locker drauf.»
Langehanenberg mühte sich im Sattel von Damsey vergeblich. «Er hat sie da oben verhungern lassen», sagte die Bundestrainerin. «Ich habe nur gedacht: Dicker, reiß dich zusammen.» Tat er aber nicht. Gerade einmal 71,239 Prozent erhielt die Reiterin aus dem westfälischen Billerbeck für den Grand Prix.
Bei ihren Kolleginnen lief es anschließend deutlich besser. Jessica von Bredow-Werndl glänzte mit Dalera. «Das war ein tolles Bild», sagte die Bundestrainerin zum Ritt der Reiterin aus Tuntenhausen mit ihrer Stute, die 79,000 Prozent erhielten. «Das war sehr gut.»
Das galt auch für Dorothee Schneider und Showtime. 80,609 Prozent bedeuteten auch Platz zwei in der Einzelwertung für die Reiterin aus Framersheim. «Showtime ist in toller Verfassung», lobte Theodorescu. «Das war überzeugend.»
Den Schlusspunkt setzte Isabell Werth. Die erfolgreichste Reiterin der Welt dominierte auch am Donnerstag. Für ihren Grand Prix mit Bella Rose erhielt die 49-Jährige aus Rheinberg 82,783 Prozent, das war das beste Einzelergebnis. «Das war eine tolle Prüfung», fasste Werth zusammen. «Die Stute war hochgradig motiviert.»
Fotocredits: Rolf Vennenbernd
(dpa)