Offenburg (dpa) – Die ereignisreiche Karriere der Weltklasse-Speerwerferin Christina Obergföll soll am 3. September beim ISTAF enden.
«Berlin würde passen. Da habe ich mich all die Jahre immer willkommen gefühlt. Und es ist das größte Meeting in Deutschland», sagte die 34-jährige Offenburgerin der Deutschen Presse-Agentur. Die Olympia-Dritte von 2008 und -Zweite von 2012 hatte schon länger angekündigt, dass die Sommerspiele in Rio de Janeiro ihr letzter internationaler Wettkampf sind. Obergföll, Mutter des zweijährigen Marlon, verriet jetzt auch: «Wir wollen nachlegen, wir wünschen uns noch ein Kind.»
Lange hatte sie um ihr Brasilien-Ticket bangen müssen, weil ihre Konkurrentin Katharina Molitor, die aktuelle Weltmeisterin aus Leverkusen, auf dem Klageweg versuchte, deren Platz im deutschen Olympia-Team zu erstreiten. Molitor scheiterte aber vor dem Landes- und Oberlandesgericht Frankfurt. «Ich bin Katharina nicht böse, dass sie alles drangesetzt hat, um das Ruder nochmal rumzureißen», sagte Obergföll.
Die Situation sei aber «nicht schön» gewesen: «Die Zeit war schon heftig.» Am Ende gab ihre bessere Saisonweite von 64,96 Metern den Ausschlag gegenüber Molitor (63,20). Obergföll hatte als Vierte die deutschen Meisterschaften verpatzt und damit die EM-Teilnahme verpasst. «Als diese Schlammschlacht vorbei war, war ich einfach erleichtert», sagte sie.
In Rio gelten alle drei deutschen Speerwerferinnen als Medaillenkandidatinnen: Obergföll, die Weltmeisterin von 2013, Linda Stahl (30), Olympia-Dritte von 2012 und Europameisterin von 2010, und Christin Hussong (Zweibrücken). Die 22 Jahre alte deutsche Meisterin ist mit 66,41 Metern die bisher Beste in diesem Jahr.
Obergföll stand 2008 in Peking als einzige deutsche Leichtathletin überhaupt auf dem Treppchen. Nach damals Bronze und Silber 2012 in London wäre erneutes Edelmetall der glänzende Schlusspunkt ihrer Laufbahn. Diese hatte bei der WM 2005 in Helsinki begonnnen, als die Badenerin völlig überraschend Europarekord warf (70,03) und Zweite wurde. Ihren größten Triumph feierte sie 2013 als Weltmeisterin in Moskau. Ihr Lebensgefährte Boris Henry, Männer-Bundestrainer im Speerwurf und längst auch Coach seiner Frau, machte damals sein Versprechen wahr: Er nahm bei der anschließenden Hochzeit den doch etwas schwierig auszusprechenden Namen Obergföll an.
Nach dem Nominierungs-Hickhack geht Obergföll nun mit einer «gewissen Lockerheit» die Sommerspiele an. Und: «Ich denke schon das eine oder andere Mal daran, was Steffi im letzten Jahr damals gelungen ist.» Die Leverkusenerin Steffi Nerius hatte bei ihrer internationalen Abschiedsvorstellung bei der WM 2009 in Berlin einen unerwarteten Gold-Coup gelandet. «Ich habe gut trainiert. Ich weiß nicht, was in Rio passiert. Ich hoffe, dass was Gutes rauskommt», sagte Obergföll.
Und danach? Neben der Familienplanung will die zweifache WM- und EM-Zweite ihre berufliche Tätigkeit bei der Krankenkasse Barmer BEK forcieren; ihr Studium des Gesundheits-Managements wird ihr dabei zugute kommen. «Der Sport hat mein Leben geprägt. Das wird alles eine Umstellung. Ein bisschen Respekt oder Angst habe ich schon.»
Fotocredits: Marius Becker