Leipzig – Vor dem Schlüsselspiel gegen Serbien genoss Katja Kramarczyk am WM-Ruhetag der deutschen Handballerinnen ein wenig Zeit mit Sohn Lasse. Beim Treffen im Teamhotel konnte die beim 23:18-Sieg gegen Südkorea überragende Torfrau der DHB-Auswahl ihren bald vierjährigen Sprössling endlich einmal in die Arme schließen.
«Er hat mich gemeinsam mit meiner Mama für ein Stündchen besucht. Darüber bin ich natürlich froh», berichtete Kramarczyk.
Nach dem privaten Highlight legte die 33-Jährige den Fokus – wie die gesamte Mannschaft – sofort wieder auf die nächste sportliche Herausforderung. An diesem Dienstag (18.00 Uhr/Sport1 live) soll gegen den WM-Zweiten von 2013 der dritte Vorrundenerfolg her, mit dem die DHB-Ladies das Achtelfinale sicher hätten und sogar Kurs auf den Gruppensieg nehmen würden. «Wir wollen den nächsten Schritt gehen. Serbien wird uns alles abverlangen, da müssen wir alle unsere Qualitäten auf die Platte bringen», sagte Kramarczyk.
Die Torhüterin vom Bundesligisten Bayer Leverkusen, die zuvor acht Jahre lang in Leipzig spielte und mit der Familie auch noch in der Messestadt lebt, will dabei wie gegen Südkorea der große Rückhalt sein. «Es freut mich, dass Katja in ihrer Halle diese Leistung abgerufen hat», lobte Bundestrainer Michael Biegler den Gala-Auftritt der Torfrau.
Nach dem emotionalen Erlebnis kam Kramarczyk erst um halb zwei in der Nacht zur Ruhe. «Es ist ganz normal, dass du eine Weile brauchst, um mental runterzukommen und das sacken zu lassen. Es war ein sehr, sehr schöner Moment», schilderte sie ihre Gefühle. «Aber solch ein Turnier hat viele Spiele, da muss man am nächsten Tag wieder voll da sein. Das ist die große Herausforderung.»
Die will sie mit all ihrer Erfahrung meistern. Kramarczyk, die in der ersten Wochenhälfte immer in Leipzig vom früheren Weltklasse-Keeper Wieland Schmidt trainiert wird und sich erst ab der Wochenmitte mit ihrer neuen Mannschaft auf die Bundesligaspiele vorbereitet, weiß um ihre Verantwortung als letzte Bastion im deutschen Abwehrspiel. «Natürlich ist es die Aufgabe der Torhüterin, der Mannschaft Rückhalt zu geben. Das macht ja gerade den Reiz aus», sagte sie.
Ob sie trotz ihrer überragenden Leistung von Beginn zwischen den Pfosten stehen wird, ist völlig offen. Denn in Clara Woltering steht eine weitere Top-Torhüterin zur Verfügung. «Klar will jeder auf der Platte stehen, aber wir gönnen uns das gegenseitig. Wichtig ist der Teamerfolg», sagte Kramarczyk und betonte: «Bei so einem Turnier muss das Ego zurückstehen.»
Das schaffen die Ladies bisher prächtig. «Dieser Mannschaft gebührt sehr viel Lob. Sie hat gelernt, immer wieder Dinge zu reparieren. Ihre Leidenschaft, ihr Kampfgeist und ihre Freude übertragen sich auch auf die Zuschauer. Dieses Team hat ganz tolle Facetten», sagte Biegler und stellte seinen Schützlingen ein sehr gutes WM-Zwischenzeugnis aus.
Dem 56-Jährigen ist daher vor der schweren Aufgabe gegen Serbien nicht bange, «auch wenn der Gegner ein anderes Kaliber ist», wie der Bundestrainer betonte. «Da müssen wir sehr druckvoll agieren und beim Rückzug auf der Hut sein.»
DHB-Sportdirektor Wolfgang Sommerfeld glaubt daran, dass dies gelingt. «Der Trainer hat einen sehr guten Zugang zur Mannschaft und sie bisher immer punktgenau vorbereitet», lobte er. «Wir können sehr optimistisch sein, dass die Entwicklung weitergeht.»
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(dpa)