Rio de Janeiro – Erst EM-Titel, nun Olympia-Halbfinale: Die deutschen Handballer sind wieder in der Weltspitze. Bundestrainer Dagur Sigurdsson lobt seine Mannschaft für die Fortschritte. Nun wartet Olympiasieger Frankreich.
Nicht Usain Bolt, nicht Michael Phelps, nicht Rafael Nadal – als Andreas Wolff auf dem Weg zu den Olympischen Spielen war, wollte er in Rio de Janeiro nur einen Top-Sportler treffen. «Ich will gegen Nikola Karabatic spielen im Olympia-Finale», verkündete der Torhüter wie aus der Pistole geschossen.
Nun trifft Wolff mit Handball-Europameister Deutschland schon eher auf den Welthandballer. An diesem Freitag geht es in der Future Arena gegen Weltmeister Frankreich um eben dieses Endspiel. Nur einer wird es erreichen: Wolff oder Karabatic.
«Wir treffen auf Frankreich, den Top-Favoriten, der zweimal Olympia schon in Folge gewonnen hat und das dritte Mal vollmachen möchte. Das wird kein leichtes Stück Arbeit», sagte Wolff. Der Kieler Schlussmann und seine Kollegen sind zurück im EM-Modus, und sie sind auch zurück in der Weltspitze. «Jetzt kann man wirklich auch sagen, wir sind nicht nur an der Weltspitze dran, wir sind jetzt mittendrin. Wer Europameister wird und wer das Halbfinale erreicht, darf das auch sagen – unabhängig davon, dass jetzt die stärkste Mannschaft der Welt auf uns zukommt», erklärte Delegationsleiter Bob Hanning.
Für den Leistungssportchef im Deutschen Handballbund (DHB) gibt es exakt fünf Gründe für den Aufschwung nach jahrelangem Dümpeln in der zweiten Liga des Welthandballs. «Dagur, Dagur, Dagur, Dagur, Dagur», zählte Hanning auf. Dagur heißt mit Nachnamen Sigurdsson und ist seit August 2014 Bundestrainer.
Bei der 34:22 (16:12)-Gala im Viertelfinale gegen den WM-Zweiten Katar feierte der Isländer mit dem 50. Spiel ein Jubiläum und zugleich seinen 38. Sieg. Damit kommt der frühere Spielmacher auf die sagenhafte Quote von 76 Prozent Siegen – er ist danach der erfolgreichste Bundestrainer seit 1949. «Wir haben eigentlich über zwei Jahre ziemlich stabil gespielt», bilanzierte Sigurdsson und fügte an: «Wir haben eine Mannschaft, die ziemlich jung ist. Jedes Turnier ist goldwert.»
Mutig sortierte er im Laufe seiner Amtszeit gestandene Spieler aus und hat eine neue Mannschaft aufgebaut. «Jetzt kann man sagen, der Umbruch hat funktioniert», sagte Bob Hanning. Den EM-Titel holte Sigurdsson in Polen mit dem jüngsten Team des Turniers. Unter den letzten Vier von Rio ist die DHB-Auswahl das mit der wenigsten Erfahrung. «Man kann die Entwicklung nicht irgendwie als Strich zeichnen. Auf jeden Fall sind wir froh, dass wir so eine Mannschaft haben, die zusammenhält und so kämpft und mit dieser Einstellung in dieses Turnier gegangen ist», lobte der Bundestrainer.
Von Anfang an hat der Isländer klar gemacht, dass Lernen aus Niederlagen für ihn keine Option ist. «Siege sind das beste Teambuilding», lautet sein Credo. Für dieses Ziel hat er sich in Axel Kromer und Alexander Haase zwei Experten als Assistenten geholt, die ganz seine Linie leben. Das Trio tüftelt gemeinsam Taktiken aus, bespricht alles bis ins letzte Detail. «Ich habe zwei sehr gute Co-Trainer. Die nehmen mir sehr viel Arbeit ab», sagte Sigurdsson.
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(dpa)