Jurmala – Erst beförderten Nadja Glenzke und Julia Großner die Golden Girls aus dem EM-Turnier, dann sicherte sich das deutsche Perspektivteam ohne Perspektive sensationell die europäische Krone im Beachvolleyball.
«Wenn uns das jemand vor der EM gesagt hätte, hätten wir ihn für verrückt erklärt», sagte die erste 21 Jahre alte Glenzke. «Durch den Lauf mit den Siegen gegen drei deutsche Teams hat sich einfach etwas Tolles entwickelt bei uns.»
Nach dem sensationellen Sieg im Viertelfinale gegen die Olympiasiegerinnen und Weltmeisterinnen Laura Ludwig und Kira Walkenhorst, die 2015 und 2016 auch den EM-Titel gewonnen hatten, setzte sich das Überraschungsteam Glenzke/Großner im Finale gegen die Tschechinnen Kristyna Kolocova und Michala Kvapilova mit 2:1 (15:21, 21:17, 15:11) durch. «Wir haben uns einfach immer besser gefühlt. Und mit dem Sieg gegen Kira und Laura haben wir daran geglaubt, dass wir jeden schlagen können», erklärte die überglückliche Glenzke, die seit 2013 in der Beachsparte spielt.
Mitten im EM-Turnier im lettischen Jurmala war bekanntgeworden, dass die 29-jährige Abwehrspezialistin Großner ab kommende Saison vom Deutschen Volleyball-Verband nicht mehr am Stützpunkt in Hamburg gefördert wird. Ihre sportliche Zukunft ist damit völlig offen – der Verband steht mit seinem zentralen System einmal mehr unglücklich da. Glenzke soll mit einer neuen Partnerin im Hamburg weitermachen.
Die topgesetzten Chantal Laboureur und Julia Sude, die im Halbfinale an den Tschechinnen gescheitert waren, bezwangen im Spiel um Platz drei das polnische Team Kinga Kolosinska und Jagoda Gruszczynska mit 2:1 (17:21, 26:24, 15:8). Dabei wehrte das schwäbische Team aus Stuttgart und Friedrichshafen drei Matchbälle ab und holte Bronze. Deutschland hat nun in der Geschichte der Beach-Europameisterschaften 22 Medaillen gewonnen und ist mit Abstand die erfolgreichste Nation.
«Durch den Verlauf des Turniers haben wir viel Selbstvertrauen gewonnen», sagte Großner, die nun Anfang September mit ihrer Partnerin Glenzke noch die deutschen Meisterschaften in Timmendorfer Strand spielen wird. Das Ende der Förderung danach ist für die Berlinerin ein Schock, denn Großner ging von einem längerfristigen Projekt aus. «Das Trainerteam verlangt viel, was super ist. Olympia 2020 ist schon ein Thema. Aber wir sind erst dabei, ein Team aufzubauen», hatte Großner noch bei der WM in Wien erklärt. Die Bundestrainer und der DVV sahen für sie aber keine Perspektive mehr.
Erst im vergangenen Oktober bei einem Lehrgang waren Glenzke/Großner als Perspektivteam ausgewählt worden. «Da war noch nicht einmal klar, ob der Stützpunkt in Hamburg oder Stuttgart sein wird», erinnerte sich Glenzke: «Mein Freund und die Eltern mussten in Berlin bleiben. Wenn es um die große Zukunft geht, muss man einiges aufgeben.» Großner ging den gleichen Weg. Ob es bei den Verantwortlichen nach der Leistungssteigerung und dem Sensations-Titel am Majori-Beach nun ein Umdenken gibt, ist unklar.
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(dpa)