St. Moritz – Andreas Sander fehlte nicht viel zum Podest-Coup – Viktoria Rebensburg dagegen fuhr deutlich am erhofften Spitzenrang vorbei: Die deutschen Abfahrer um den achtplatzierten Sander haben die enttäuschende Teamkollegin Rebensburg klar in den Schatten gestellt.
Ganze 0,19 Sekunden fehlten Sander in einem spannenden Wettkampf auf die Bronzemedaille. Die mit Ambitionen auf Edelmetall gestartete Rebensburg fuhr dagegen sogar an den Top Ten vorbei und wurde nur Elfte. Die Siege gingen an Favoritin Ilka Stuhec aus Slowenien und Beat Feuz, der den Schweizer Gastgebern just in der Königsdisziplin die wichtigste Goldmedaille bescherte.
«Wenn ich das Ergebnis sehe, darf ich gar nicht drüber nachdenken, was möglich gewesen wäre», haderte Sander, den ein «blöder Fehler» nach eigener Rechnung zwei Zehntelsekunden gekostet hatte. Dass er das beste deutsche Abfahrts-Ergebnis bei einer WM seit Florian Eckerts Bronzemedaille 2001 einfuhr und persönlich in diesem Winter noch nie so weit vorn gelandet war, dämpfte den ersten Ärger unwesentlich: «Mit dem achten Platz kann ich nicht zufrieden sein.»
Er war bis zur dritten Zwischenzeit sogar schneller als Feuz. Ein Patzer am Mauersprung kostete ihn dann aber Geschwindigkeit und Zeit, so dass es nicht mehr für ganz vorne reichte. Im Ziel stieß Sander mit Blick auf das Klassement einen kurzen Schrei aus, breitete die Arme aus und klopfte sich mit den Handschuhen verärgert gegen den Helm.
Ganz anders war die Gemütslage bei Thomas Dreßen, der überraschender Zwölfter wurde und dabei sogar mehrmalige Weltcupsieger wie Dominik Paris oder Hannes Reichelt hinter sich ließ. «Das hört sich nicht so schlecht an», sagte der Oberbayer. «Ich wollte heute eine coole, lockere Fahrt machen und abrufen, was ich im Training kann. Wenn mir vorher jemand gesagt hätte, dass ich Zwölfter werde, hätte ich das mit Handschlag angenommen. Ich habe die Nominierung bestätigt.» Nur Josef Ferstl war mit seiner Fahrt auf Platz 18 nicht zufrieden.
DSV-Alpindirektor Wolfgang Maier lobte den Auftritt seiner Sportler: «Das Ergebnis zeigt, dass wir im Abfahrtssport einen nachhaltigen Schritt nach vorne gekommen sind. Wenn man schaut, wie jung der Dreßen noch ist und auch wie der Sander fährt, das hat schon was.»
Das Damen-Rennen unmittelbar vor dem Herren-Start sorgte im DSV indes für weniger gute Laune: Rebensburg war mit Außenseiterchancen auf die Top 3 angetreten, verpatzte aber dann ihren Lauf und schaffte es nicht unter die besten Zehn. Danach rätselte sie über die Gründe: «Es waren sicherlich ein paar kleine Fehler drin. Ich war aber selbst überrascht über den Rückstand im Ziel.» 1,25 Sekunden fehlten ihr auf Siegerin Stuhec, das Podium war 0,80 Sekunden entfernt.
«Da kommen viele Kleinigkeiten zusammen», analysierte sie am Sonntag, nachdem sie erst ungläubig das Ergebnis zur Kenntnis genommen hatte, Augenblicke lang regungslos verharrte und mit hängendem Kopf davon schlurfte. «Es muss alles passen, wenn man vorne dabei sein will.» Allerdings schmerzte der verpasste Top-Ten-Platz weniger als das knapp verpasste Podium im Super-G fünf Tage zuvor, wie sie einräumte. «Der vierte Platz ist auf alle Fälle schlimmer», sagte Rebenburg.
Die Sieger waren andere: Stuhec wusste nach ihrem Gold vor Stephanie Venier aus Österreich und US-Star Lindsey Vonn nicht wohin mit ihren Gefühlen und schluchzte immer wieder auf. «Es hat sich für mich alles ausgezahlt», sagte sie. «Ich habe versucht, meine Emotionen zurückzuhalten, aber jetzt werde ich den ganzen Tag weinen.» Vonn ist mit 32 Jahren nun die älteste Medaillengewinnerin der WM-Geschichte.
Der gefeierte Held des Nachmittags war Feuz, der Super-G-Weltmeister Erik Guay aus Kanada und den Österreicher Max Franz auf die Plätze verwies. Einen Tag nach seinem 30. Geburtstag ließ er sich von den Anhängern feiern. «Für so etwas fährt man Skirennen, genau solche Rennen will man erleben», sagte Feuz, der von Tennis-Weltstar Roger Federer angefeuert wurde. «Das war eine geniale Fahrt.»
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(dpa)