Frankfurt/Main – Wenn Joachim Löw mit seinem Weltmeisterteam zur Jahresabschlussfahrt nach Rimini aufbricht, darf ein Neuling gleich ganz vorne bei ihm im Sonderflieger sitzen.
Miroslav Klose startet am Mittwoch ein neues Kapitel seiner grandiosen Karriere und kehrt als Trainerazubi in den Kreis der Fußball-Nationalmannschaft zurück. Die Rückkehr des «ewigen Miro» sticht in der Aufmerksamkeit der Fans bei der letzten Mission des Löw-Teams 2017 auch die echten Neulinge Yannick Gerhardt, Benjamin Henrichs und Serge Gnabry aus.
«Natürlich freuen wir uns, dass er beim DFB beginnt, wir garantieren ihm eine gute Ausbildung, dass er den Trainerschein machen kann, dass er verschiedene Abteilungen durchläuft. Aber der Miro hat auch eine klare Aufgabe», formulierte Bundestrainer Löw vor dem Abflug zum WM-Qualifikationsspiel in San Marino am Freitag und dem Test vier Tage später in Mailand gegen Italien seine Erwartungen.
In Bella Italia, Kloses alter Wahlheimat, fanden Gespräche mit dem WM-Rekordschützen statt. «Wir hatten schon länger Kontakt und haben in den letzten ein, zwei Jahren gesprochen, im Urlaub auf Sardinien», erzählte Löw. Bald war die Idee geboren, mit Klose eine bestechende Win-Win-Situation zu schaffen: Trainerpraktikum auf höchstmöglichem Niveau für den einstigen Top-Angreifer gegen Know-how-Vermittlung für dessen Nachfolger mit Nachhilfebedarf.
Die mangelnde Effektivität bei der Chancenverwertung hat Löw als großes Manko auch bei der EM in diesem Sommer massiv gestört. «Er hat viel Erfahrung als Spieler, gerade als Stürmer und das ist für uns eine wichtige Hilfe, weil er die Stürmer beobachtet, was machen sie falsch. Er ist eine Hilfe für junge Spieler», sagte Löw vor dem erwarteten Tore-Wettballern gegen den krassen Außenseiter San Marino.
Einen klaren Sieg – den vierten in der laufenden WM-Qualifikation – hat der souveräne Tabellenführer in der Gruppe C fest eingeplant. Löw hat für beide Spiele Personaltests angekündigt. In Gerhardt (22) aus Wolfsburg, Henrichs (19) aus Leverkusen und Gnabry (21) aus Bremen hat er auch drei DFB-Neulinge im Aufgebot – die in der DFB-Hierarchie im Gegensatz zu Trainernovize Klose aber erst einmal hinten anstehen.
Für Klose ist die Rückkehr zum DFB viel mehr als nur eine gute Gelegenheit, den erhofften Trainerweg einzuschlagen. «In der Nationalmannschaft habe ich meine größten Erfolge gefeiert, diese Zeit war wunderschön und bleibt unvergessen», sagte der 38-Jährige. 13 Jahre, von 2001 bis zum WM-Sieg 2014 spielte er für Deutschland. 137 Mal lief er im DFB-Trikot auf, erzielte von keinem erreichte 71 Tore. Auch bei beiden bisherigen Spielen gegen San Marino in der EM-Qualifikation 2006 und 2007 war er dabei. Zum 13:0 in Serravalle, dem höchsten Sieg der Ära Löw, steuerte er zwei Treffer bei.
Das Nationalteam war für den oft scheu wirkenden Klose viel mehr als eine sportliche Heimat – fast schon eine heilige Familie. Dass die Premierentour nun nach Italien geht, inklusive Papstaudienz, ist für den ehemaligen Lazio-Stürmer eine gelungene Pointe. Bei der geplanten Stadtrundfahrt am Sonntag in Rom wird der «ewige Miro» einiges zu erzählen haben über die «ewige Stadt».
Als Touristenführer hat Löw ihn aber nicht geholt. Der Chefcoach will gezielt ehemalige Kräfte an das Nationalteam binden. Längst wird spekuliert, ob die Weltmeisterkollegen Per Mertesacker und Philipp Lahm nach ihrem Karriereende einen ähnlichen Weg einschlagen könnten.
«Es ist für beide Seiten interessant. Ich finde es gut, dass Miro diesen Weg geht, und dass wir von seinen Erfahrungen profitieren können, von seinem Wissen, von seinem Umgang mit den Spielern», sagte Oliver Bierhoff. Der DFB-Teammanager, einst noch gemeinsam mit Klose im DFB-Trikot am Ball, hat nur eine sehr egoistische Sorge, dass er nun nicht mehr beim Training der Nationalspieler als Sparringspartner mitkicken darf. «Ich befürchte, er wird meine Springerposition im Training übernehmen. Bisher darf ich, wenn wir eine ungrade Zahl an Spielern haben, mittrainieren. Jetzt wird der Miro auch diese Position übernehmen», scherzte Bierhoff.
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(dpa)