Abu Dhabi – In der funkelnden Wüsten-Dämmerung von Abu Dhabi hat Nico Rosberg endlich sein Formel-1-Meisterstück vollbracht.
Platz zwei beim Zitter-Finale hinter dem nun entthronten Titelverteidiger Lewis Hamilton genügte dem 31-Jährigen, um sich als dritter Deutscher nach Michael Schumacher und Sebastian Vettel zum Champion der Königsklasse zu krönen. Zehneinhalb Jahre nach seinem Formel-1-Debüt und 34 Jahre nach dem Titelgewinn von Papa Keke holte sich Rosberg mit kalkuliertem Risiko und letztlich fünf Punkten Vorsprung den so lange ersehnten WM-Triumph. «Yeeeaaaah», jubelte Rosberg, ehe seine Frau Vivian ihm via Funk ausgelassen gratulierte.
Da störte es den gebürtigen Wiesbadener kaum, dass Hamilton das vierte Rennen hintereinander gewann und damit insgesamt mit zehn Siegen in dieser Saison sogar einen mehr feierte als Rosberg. Nie zuvor in seiner Karriere und den nun 206 Grand Prix machte Rosberg ein zweiter Platz so glücklich wie diesmal. Vergessen waren in diesem Moment für den 33. Weltmeister der Formel-1-Geschichte auch die zwei bitteren Niederlagen gegen Dauerrivale Hamilton in den Titelkämpfen 2014 und 2015.
Dritter in Abu Dhabi wurde Ferrari-Pilot Vettel, der am Ende den beiden Silberpfeilen noch gefährlich nah gekommen war – auch weil Hamilton offenbar absichtlich langsamer fuhr, um den Verfolgern noch die Chance zu geben, Rosberg zu überholen. Nico Hülkenberg belegte im Force India Platz sieben. Manor-Pilot Pascal Wehrlein beendete seine Debüt-Saison auf Rang 14.
In einer wechselhaften Saison verhalf Rosberg sein Superstart mit vier Siegen in Serie und das erneute Formhoch nach der Sommerpause, als er vier von fünf Grand Prix gewann, letztlich zum Titel. Hamilton hatte zwar trotz vieler Rückschläge und Technik-Pannen nie aufgegeben, doch auch seine Siegesserie in den letzten Saisonrennen reichte nicht mehr zum Gewinn seiner vierten WM-Krone. Cool und geschickt verteidigte Rosberg in der Schlussphase des Jahres seinen stetig schmelzenden Vorsprung.
Auch in Abu Dhabi ging Rosberg kein unnötiges Risiko. Zwölf Punkte Vorsprung hatte er mit in Emirate gebracht. Er wusste, Platz drei würde ihm selbst bei einem Hamilton-Sieg genügen. In der Qualifikation war Rosberg einmal mehr ohne Chance gegen den entfesselt fahrenden Briten, mit Startplatz zwei aber war die Pflicht erfüllt.
Als die Roten Ampeln dann erloschen, reihte sich Rosberg wie so oft in den gemeinsamen Mercedes-Jahren hinter Hamilton ein. Bloß keine übermütige Attacke auf den letzten Metern zum ersehnten Triumph. Dass Red-Bull-Jüngling Max Verstappen sich nach einer Kollision mit dem Force India von Nico Hülkenberg drehte, sahen die führenden Mercedes-Piloten bestenfalls im Rückspiegel.
Spannend wurde es daher erst durch die Reifenwechsel. Rosberg musste wegen des ebenfalls in die Box kommenden Vettel kurz seine Abfahrt verzögern und kam deshalb als Dritter hinter Hamilton und Verstappen zurück auf die Strecke. Der Niederländer hatte sich nach seinem verpatzten Start nach vorn gekämpft, auch weil er mit seinem ersten Reifentausch viel länger wartete als seine Konkurrenten.
Diese Situation konnte Rosberg gar nicht passen, zumal weitere Verfolger dicht hinter ihm lauerten. Nur ein Fehler, ein Missgeschick – und der Titel wäre weg. Rundenlang hing Rosberg hinter Verstappen fest, eine erste Attacke zog er zurück. Im 20. Umlauf dann zeigte der Deutsche aber seine neue Härte und den Mut, der ihn in dieser Saison ausgezeichnet hatte. Mit einem weltmeisterlichen Manöver zwängte er sich im Kurvengeschlängel an Verstappen vorbei zurück auf den zweiten Platz.
Auch den Rest der Nervenprobe bestand Rosberg mit Bravour. Die zwischenzeitliche Führung von Ferrari-Star Vettel, die zeitweise ungewöhnlich langsamen Runden von Erzrivale Hamilton, die weiter drohende Gefahr von Verfolger Verstappen – Rosberg wich trotz allem nicht vom Kurs ab. Und das wurde belohnt.
Vettel musste Platz eins bei seinem zweiten Boxenstopp wieder abgeben und kam trotz eines starken Endspurts nicht mehr an das Mercedes-Duo heran. Hamiltons taktische Manöver brachten letztlich nichts, auch wenn durch seine Bummelrunden die Spitze noch einmal ganz eng zusammenrückte. «Könnt Ihr nichts tun? Ich könnte viel schneller fahren», funkte Rosberg an die Box. «Fahr schneller», befahl Technikdirektor Paddy Lowe dem verbitterten Hamilton, der trotzdem nicht schneller wurde. Am Ende war es egal – Rosberg war am Ziel.
Fotocredits: Valdrin Xhemaj,Valdrin Xhemaj,Valdrin Xhemaj,Valdrin Xhemaj
(dpa)