Pyeongchang – In Bayern chancenlos, in Großbritannien auf der Überholspur: Für Rodler Rupert Staudinger ging es zu Olympia nur auf Umwegen. Nun erfüllt sich der 20-jährige aus Schönau am Königssee seinen sportlichen Traum.
«Es war ein langer und schwieriger Weg. Jetzt aber bei Olympia dabei zu sein, ist ein Highlight. Bis Weihnachten hätte ich selbst nicht gedacht, dass ich es schaffe», sagte Staudinger nach dem Abschlusstraining im Olympic Sliding Centre der Deutschen Presse-Agentur.
Sein Ziel für das Rennen ist minimal. «Ich will so zwei Prozent hinter dem Sieger sein, vier geile Fahrten hinlegen und Olympia genießen», sagt Spätstarter Staudinger. Zum ersten Mal auf dem Rennschlitten saß er erst mit zwölf Jahren. Er hatte Talent, doch die Konkurrenz, die normalerweise bereits im Alter von sechs Jahren beginnt, war übermächtig im bayerischen Lande von Rodel-Idol Georg Hackl. So verpasste der ehrgeizige Staudinger auch die Kaderteams. «Da kam immer mal wieder eine Zeit, wo ich mir die Frage stellte: Willst du wirklich weiter machen und dich die Bahn herunterstürzen?»
Dank Mama Rebecca – eine Britin – kam eine neue Alternative ins Spiel. Denn er besaß ja die doppelte Staatsbürgerschaft. «Es war eine Fifty-Fifty-Entscheidung, aber am Ende richtig, denn jetzt bin ich hier, unglaublich», sagte der Sportstudent und beschreibt seinen schwierigen Stand – zumal er als gelernter Doppelsitzer auch noch auf den Einsitzer umschulen musste: «Der internationale Kampf um einen Startplatz ist schwer, erst recht als Brite. In Deutschland werden Millionen Euro in den Sport reingesteckt, wir bekommen von der Regierung keinen Cent.»
Daher verbieten sich Vergleiche. «In Deutschland ist man im Leistungssport-Programm drin, in Großbritannien ist man auf sich allein gestellt. Die Trainingsläufe auf meiner eigentlichen Heimbahn in Königssee muss ich ja bezahlen. Das regelt aber der Weltverband FIL», erklärte Staudinger.
Der Kontakt zur bayerischen Trainingsgruppe Sonnenschein um Loch und die anderen drei Sotschi-Olympiasieger ist aber eng. «Da wird mir immer weitergeholfen. Die freuen sich alle mit mir, mit dem Sohn von Thomas Schwab bin ich enger befreundet.» Der Vorstandsvorsitzende des Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland schoss am Freitag höchstpersönlich Fotos nach dem Training von Staudinger und schickte sie gleich in die Heimat. Und der dreimalige Olympiasieger Loch meinte: «Für ihn ist es eine Supersache, ein Bayer mehr schad nie.»
Bei den Rennen an diesem Wochenende ist fast die ganze Familie Staudinger dabei. Mama Rebecca («Ich bin so stolz auf meinen Rupi») und die kleine Schwester Melissa feuern ihren Bruder vor Ort an. Nur Papa Stefan muss als Polizist in Bayern arbeiten. «Ich bin so nervös, ich kann sie daher erst nach dem Rennen sehen, sonst drehe ich durch. Aber sie bedeuten mir sehr viel», betonte Staudinger.
Fotocredits: Mike Egerton
(dpa)