München – Den kindischen Trikotwurf des wütenden Franck Ribéry hätte es nicht auch noch gebraucht, um die brodelnde Gemengelage beim FC Bayern zu offenbaren.
Das Ausrufezeichen zum Champions-League-Start setzte Paris St. Germain mit dem neuen 222-Millionen-Euro-Supermann Neymar mit dem 5:0 bei Celtic Glasgow. Der deutsche Meister warf dagegen beim freudlosen 3:0 (1:0) in Überzahl gegen den RSC Anderlecht Fragezeichen auf. Die Spielidee bleibt diffus, die Strategie des Trainers rätselhaft. Es steht keine harmonierende Einheit auf dem Platz. Stattdessen bestimmen viel zu viele persönliche Befindlichkeiten die frühe Saisonphase in München.
Das Ergebnis war zwar okay, trotzdem verließ das Gros der Bayern-Profis die Allianz Arena Dienstagnacht mürrisch. Selbst Sportdirektor Hasan Salihamidzic blickte ausnahmsweise ernst in die Runde, als er in Ribéry erstmals einen der Stars öffentlich maßregeln musste. «Das darf nicht passieren beim FC Bayern München. Das ist nicht okay. Da werden wir sprechen drüber», sagte Salihamidzic.
Heißsporn Ribéry hatte bei seiner Auswechslung in der 78. Minute überzogen, als er zunächst sichtlich beleidigt vom Rasen trottete, dann das Trikot vom Leib riss und es wütend auf die Ersatzbank schleuderte. Auch Trainer Carlo Ancelotti erwartet eine Erklärung des Franzosen: «Ich werde ihn fragen, warum er so reagiert hat.»
Ribérys divenhafter Ausraster sollte Ancelotti aber auch zu denken geben. Der erfahrene Italiener, wegen seiner Mannschaftsführung als Menschenfänger gerühmt, droht die Folgschaft der Vereins-Ikonen zu verlieren. Ribéry ist der dienstälteste Bayern-Profi, ein Liebling der Fankurve. Und Thomas Müller, der Paradebayer, musste den Abend vor seinem 28. Geburtstag am Mittwoch erneut größtenteils als frustrierter Reservist verbringen. Wer Müller beim lustlosen Aufwärmen vor seiner späten Einwechslung beobachtete, hätte Gedanken lesen wollen. Der Weltmeister, mit dem Ancelotti nichts Rechtes anzufangen weiß, verließ die Arena wortlos, genauso wie Ribéry.
Klartext sprach dafür Arjen Robben. Der Holländer schwang sich zum Chefkritiker auf, benannte die Mängel des FC Bayern im Frühstadium der Saison. «Du musst Lust haben vor den eigenen Fans. Du musst Bock haben, die wegzuschießen nach der Roten Karte. Das Tempo war nicht da, der Rhythmus auch nicht. Da müssen wir kritisch sein. Wir müssen uns hinterfragen – alle», sagte Robben. «Wir müssen auf dem Platz reden, mit den Füßen», lautete noch ein Seitenhieb auf Kollege Lewandowski, der mit einem Interview für Wirbel gesorgt hatte.
Nach dem frühen Platzverweis für Anderlechts Sven Kums brannten die Bayern auf dem Platz kein Fußball-Feuerwerk à la Paris ab, sondern sie agierten ohne Esprit, Entschlossenheit und Geschlossenheit. «Da musst du geil sein und mehr Tore schießen», schimpfte Robben nach den Treffern von Elfmeterschütze Lewandowski, Thiago und Joshua Kimmich.
Anderlecht kam selbst zu zehnt dem 1:1 ganz nahe. Alexandru Chipciu traf den Pfosten (49.). «Gutes Teamwork», twitterte Ancelotti dennoch in der Nacht, schon zuvor im Stadion urteilte er: «Es war keine Topleistung, aber eine Leistung, die uns in dieser Phase reicht.»
Klar, die Titel werden erst im Frühjahr 2018 vergeben. Aber ein FC Bayern in normaler Verfassung und mit einem harmonierenden Ensemble hätte einen früh dezimierten Gegner wie Anderlecht überrannt und abgefiedelt. Salihamidzic sprach von «Leerphasen» im Spielverlauf: «Das Ergebnis ist gut, obwohl ich auch lieber drei, vier Tore mehr gesehen hätte. Wir müssen an unserem Spiel noch feilen.»
Ob etwas Feinschliff genügt, wird sich in zwei Wochen weisen. Dann kommt es in Paris zur Kraftprobe mit PSG. Salihamidzic übermittelte schon mal eine Kampfansage an Neymar und Co. «Das ist eine Toptruppe. Die haben super Spieler in ihren Reihen. Aber wir sind auch eine sehr, sehr gute Mannschaft. Wir werden denen Paroli bieten.»
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(dpa)