Rio de Janeiro (dpa) – Marcel Hacker steht noch immer im Mittelpunkt. «Ich habe ja meinen Namen nicht geändert. Nur, weil ich im Zweier sitze, stehe ich nicht weniger im Fokus», sagt der bekannteste deutsche Ruderer vor seinen fünften Olympischen Spielen.
Er allein bekommt annähernd so viele Anfragen wie die Männer aus dem Deutschland-Achter. Seit dem Bronze-Coup von Sydney 2000 und dem WM-Titel von 2002 ist er der Ruder-Liebling des Boulevards.
Dennoch ist der Wettkampf in Rio de Janeiro für den 39 Jahre alten Routinier mit Kotelettenbart eine ganz neue Herausforderung. Denn nach vier Olympia-Starts im Einer ist der Magdeburger bei der Südamerika-Premiere nicht mehr nur für sich selbst verantwortlich, sondern sitzt mit seinem fast zwölf Jahre jüngeren Schlagmann Stephan Krüger im Doppelzweier. «Das muss ich immer wieder erklären, dass Stephan mein Partner ist. Wir sind zu zweit», betont Hacker.
«Wir müssen uns sehr aufeinander verlassen. Wenn einer einen Hänger hat, dann hat das unmittelbar Auswirkungen auf den anderen», sagt Krüger vor dem ersten Vorlauf. Das Duo will sich auf der Lagune Rodrigo de Freitas am Samstagnachmittag deutscher Zeit dann direkt fürs Halbfinale qualifizieren und damit Kraft sparen auf dem Weg zum Finale. «Wir wollen um eine Medaille kämpfen, das steht zweifelsfrei fest. Wir wollen auch ganz vorne sein», sagt Hacker.
Nach den für ihn nicht zufriedenstellenden Olympia-Auftritten in Athen (7. Platz), Peking (7. Platz) und London (6. Platz) wäre eine zweite Medaille ein würdiger Olympia-Abschied. «Gesichert ist nichts, man soll nie nie sagen. Aber ob ich noch mal einen kompletten Zyklus ziehe, das weiß ich nicht. Das tut ganz schön weh», gesteht Hacker und berichtet von immer länger werdenden Regenerationsphasen.
«Ich denke schon, dass Rio meine letzten Olympischen Spiele sein werden», sagt der Familienvater. Schon nach London wollte er aufhören mit der Schinderei, dieses Mal aber scheint es ihm wirklich ernst zu sein. «Es sei denn, es kommt jemand um die Ecke und sagt: Wir wollen dich noch mal sehen in Tokio. Das müsste dann ein knallharter finanzieller Hintergrund sein. Sonst würde ich das nicht mehr überleben.»
Goldfavorit in Rio ist das kroatische Brüderpaar Valent und Martin Sinkovic. Doch schon Silber ist für Hacker/Krüger nach eigener Einschätzung ein realistisches Ziel. «Da sehe ich dann schon mich und Marcel, Litauen kommt dazu, Neuseeland und Norwegen», sagt Krüger.
Mit der Art seines Partners hat sich der im Zweier wesentlich erfahrenere Krüger längst arrangiert und angefreundet. «Er ist halt Marcel Hacker. Der hat schon gerudert, als ich noch ein Kind war. Er ist schon immer laut und extrovertiert. Aber im Boot sind wir gleichberechtigt und ergänzen uns ganz gut», erzählt der Rostocker.
Ein Jahr nach dem EM-Titel in Posen bestätigten sie im Mai mit Silber bei der Heim-EM in Brandenburg/Havel ihr starkes Niveau. Ein Podestplatz in Rio, und Hacker stünde erneut im Mittelpunkt. Wenn auch nicht mehr allein.
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