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Ricciardo: «Sebastian wäre der ältere Bruder»

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Spielberg – Der Spitzname von Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo ist «Honigdachs». Der frühere Teamkollege von Sebastian Vettel bekam diesen Beinamen in Anlehnung an das knuddelige, aber zugleich wilde Tier verpasst.

Im Interview der Deutschen Presse-Agentur ist der australische Formel-1-Pilot entspannt wie eh und je. Ricciardo sprach vor dem Heimrennen seines Rennstalls in Österreich über die Kochkunst seiner Mutter, Ausflüge in die Wüste – und Vettel.

Herr Ricciardo, Sie sind die ganze Saison mit der Formel 1 unterwegs. Hat sich für Sie die Bedeutung von Heimat und Familie über die Jahre geändert?

Daniel Ricciardo: Die Familie bleibt wichtig, wenn man aber weit weg von ihr ist, weiß man sie mehr zu schätzen. Die Zeit, die wir heute zusammen haben, hat eine höhere Qualität. Wenn du deine Familie jeden Tag siehst, schätzt du sie vermutlich nicht mehr so sehr. Wir waren aber schon immer eng. Als ich nach Europa gezogen bin, war ich noch immer in Australien verliebt, ich habe Europa nicht so sehr genossen wie Australien. Ich dachte immer nur daran, an Weihnachten wieder zuhause zu sein. Mittlerweile habe ich gelernt, auch eine andere Heimat zu mögen. Meine wahre Heimat bleibt aber Australien.

Pflegen Sie Rituale beim Wiedersehen von Familie und Freunden?

Ricciardo: Ich versuche, mich mit allen meinen Freunden zu treffen, dann fahren wir normalerweise Motocross, fahren in die Wüste und sind dort ein paar Tage ohne Telefon, einfach um Spaß zu haben. Mit meiner Familie versuche ich eine gute Zeit zu haben, gemeinsam gut zu essen. Meine Mutter will immer für mich kochen, wenn ich zuhause bin, dann lasse ich ihr die Freude. Ich bekomme Schnitzel, die italienische Variante Costoletta alla milanese. Pasta gibt es auch, ich versuche davon aber nicht zuviel zu essen. Ich mag vor allem Gnocchi.

Fällt es Ihnen leichter oder schwerer, Menschen zu vertrauen?

Ricciardo: Es ist vermutlich einfacher geworden. Je älter du wirst, desto gescheiter wirst du. Du verstehst wahrscheinlich früher, dass der eine vertrauenswürdig ist, der andere nicht. Ich habe dieses Problem aber noch nicht gehabt, ich versuche den Leuten immer erstmal eine Chance zu geben.

Helmut Marko ist Red-Bull-Motorsportberater und ein Talentförderer mit besonderem Näschen. Wenn Sie ihn mit einem Mitglied Ihrer Familie vergleichen müssten, welches wäre das?

Ricciardo: Helmut wäre vielleicht der Opa… oder vielleicht der grantige Opa (lacht). Er kann schon mal schroff sein, aber er ist fair. Als ich jünger war und ins Red-Bull-Nachwuchsteam gekommen bin, war es manchmal schwierig für mich, ich habe aber immer verstanden, worauf er hinauswollte. Wenn er es mir schwer gemacht hat, dann deshalb, weil er an mich geglaubt hat, dass ich es besser machen kann. Nach so manchem Telefonat war mir nicht unbedingt zum Lachen zumute, ich hatte aber immer das Gefühl, dass er ehrlich ist.

Wer wäre Ihr Teamkollege Max Verstappen?

Ricciardo: Max wäre der rivalisierende Cousin, der Cousin mit dem du aufwächst und dich immer mit ihm misst. Du hast kein brüderliches Verhältnis, aber du kommst diesem Verhältnis mit ihm ziemlich nahe.

Und ihr früherer Stallrivale Sebastian Vettel?

Ricciardo: Sebastian wäre der ältere Bruder, der als Vorbild vorangehen will und einen tadelt, wenn man eine Dummheit begehen will (lacht).

Haben Sie Verständnis für Vettels Wutrempler gegen Lewis Hamilton vor zwei Wochen in Baku?

Ricciardo: Es hat mich nicht überrascht, ich verstehe aber, dass dich beim Rennfahren manchmal Gefühle überwältigen können. Solche Sachen passieren einfach.

Vettel droht beim nächsten schwerwiegenden Vergehen eine Rennsperre. Wird ihn das Ihrer Einschätzung nach beeinflussen?

Ricciardo: Vielleicht ein kleines bisschen. Ich denke aber, er wird immer noch versuchen, genauso Rennen zu fahren, wie er es sonst auch macht. Wenn es einen Vorfall geben sollte, wird er sicher genau darüber nachdenken, bevor er handelt.

Man sieht Sie in der Regel lachend und bestens gelaunt. Sind Sie ein glücklicher Mensch?

Ricciardo: Das bin ich, es ist nicht falsch, nicht aufgesetzt. Ich war schon immer ein glücklicher Junge. Ich will eine gute Zeit haben, Spaß haben. Ich mag es nicht, verärgert zu sein. Es gibt Zeiten, in denen ich auch mal sauer werde, diese Zeiten mag ich aber nicht. Ich versuche, nur die Dinge zu tun, die mich glücklich machen.

Manchmal unterstellt man Leuten, die auffallend viel gute Laune haben, einen Mangel an Ernsthaftigkeit.

Ricciardo: Ich verstehe, worauf man damit hinaus will. Ich bin aber leicht dazu in der Lage, den Schalter umzulegen. Dieser Job macht Spaß, es ist aber auch eine ernste Sache. Wenn ich Rennen fahre, kann ich beides.

Wann sind Sie mal grimmig?

Ricciardo: Normalerweise, wenn ich müde oder hungrig bin, dann will ich mich mit nichts anderem beschäftigen. Wenn beides zusammenkommt, ist es echt schlimm (lacht). Wenn ich auf der Strecke nicht die Leistung abliefere, zu der ich imstande bin, ärgert mich das. Es ist eine große Chance, hier Pilot zu sein und ich erwarte das Beste von mir. Ich will diese Chance rechtfertigen, sonst bin ich sauer.

Wie gehen Sie mit Frust um?

Ricciardo: Normalerweise hilft es, eine andere Perspektive einzunehmen und auf das große Ganze zu schauen. Dann hält der Frust nur ein paar Stunden oder einen Tag. Es ist wichtig, selbst nach einem Rennen, das nicht zu meinen besten gehört, sich neu zu sortieren und darüber nachzudenken, was man besser machen kann, um dieses Gefühl nicht wieder zu bekommen.

Frust oder Glück – was ist die größere Energiequelle?

Ricciardo: Glück. Einige der besten Rennen meiner Karriere hatte ich nach einem Wochenende voller Spaß.

ZUR PERSON: Daniel Ricciardo (28) ist der Strahlemann der Formel 1, selten sieht man ihn missgelaunt. Seit 2014 fährt der Mann aus Perth für Red Bull, bislang konnte er fünf Grand Prix gewinnen. In der WM-Wertung liegt der Australier derzeit auf Rang vier.

Fotocredits: Efrem Lukatsky,Herbert Neubauer
(dpa)

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