Düsseldorf – Eine Rückhol-Aktion von Ex-Kapitän Mats Hummels wäre für Borussia Dortmund Chance und Wagnis zugleich. Passt der im Nationalteam ausgemusterte Bayern-Verteidiger ins Konzept von BVB-Trainer Lucien Favre?
Weitere Zweifel schüren auch Erfahrungen mit Rückkehrern wie Nuri Sahin oder Shinji Kagawa, die nur noch Randfiguren sind. Und dann ist da vor einem weiteren teuren Transfer noch ein jetzt schon aufgeblähter Kader zu bedenken, zu dem auch noch eine Reihe von verliehenen Spielern zählen.
Fast 100 Millionen Euro hat der Fußball-Bundesligist schon in die neue Mannschaft investiert. Verpflichtet wurden Julian Brandt (Bayer Leverkusen), Thorgan Hazard (Borussia Mönchengladbach) und Nico Schulz (1899 Hoffenheim). Hinzu kam die Ablöse für den zunächst ausgeliehenen Paco Alcacer. Auf der Einnahmenseite stehen vor allem die 64 Millionen für Christian Pulisic zum FC Chelsea.
Die Westfalen rüsten für den nächsten Titel-Showdown mächtig auf. «Es ist an der Zeit, etwas ambitionierter aufzutreten. Wir werden mit der klaren Maßgabe in die neue Saison gehen, dass wir wieder versuchen werden, um die deutsche Meisterschaft mitzuspielen», erklärte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke nach Saisonschluss.
Die bisher getätigten Verpflichtungen passen als schnelle, technisch beschlagene Spieler perfekt ins Anforderungsprofil von Coach Favre. Mit Hummels könnten zwei Problemfelder behoben werden. Zum einen soll ein erfahrener Innenverteidiger für Stabilität sorgen, der ehemalige Nationalspieler könnte zudem mit seiner Kopfballstärke defensiv wie offensiv bei den Standards für Verbesserung sorgen.
Aber passt Hummels auch in Favres Taktikschule? Der Schweizer liebt das Umschaltspiel mit schnellen Kurz- und Diagonalpässen. Hummels‘ Stärke ist auch die Spieleröffnung mit langen Bällen. Das mag Favre ebenso wenig wie die klassischen hohen Bälle auf einen Offensivspieler. «Das ist für mich nicht Fußball», sagte der Schweizer einst, als sein damaliger Gladbacher Mittelstürmer Luuk de Jong ein sehenswertes Kopfballtor nach einer hohen Flanke erzielte.
Favre bevorzugt das Flachpassspiel – aber auch das kann Hummels durchaus. Hinzu kommt die große internationale Erfahrung des Weltmeisters von 2014, von dem die jungen Dortmunder Abwehrspieler wie Manuel Akanji (23 Jahre), Abdou Diallo (23), Achraf Hakimi (20) und Dan-Axel Zagadou (20) profitieren können.
Ein Problem könnte das Tempo sein, mit dem Hummels zuletzt bisweilen Probleme hatte. Immer mehr Clubs setzen auf flinke Offensivspieler, die ihre Gegenspieler allein mit Schnelligkeit überwinden. Auf der anderen Seite wäre der 30-Jährige in der jungen Dortmunder Mannschaft neben Marco Reus ein routinierter Leader, der gerade in internationalen Spielen gefragt sein wird.
Gerade erst kürte der «Kicker» Hummels zum besten Innenverteidiger der Rückrunde. Allerdings stehen derzeit auch schon fünf Innenverteidiger im Kader der Borussia.
Hummels wäre nicht der erste Ehemalige, der wieder nach Dortmund zurückkehrt. Nuri Sahin, Shinji Kagawa und Mario Götze sind allerdings nicht als bessere Spieler zurückgekommen. Mit Andreas Möller und Marco Reus hat der Club hingegen gute Erfahrungen gemacht. Mit BVB-Rückkehrer Möller gewann der Club 1997 die Champions League. Reus hat in Dortmund, wo er als 16-Jähriger ausgemustert wurde, einen großen Karriereschritt gemacht.
Hummels indes könnte seiner Karriere in Dortmund noch einmal einen Schub geben. In München wäre er nicht mehr uneingeschränkter Stammspieler. Favre ist ein Trainer, mit dem Hummels – ähnlich wie mit Jupp Heynckes – wohl gut zurechtkommen würde. Die besonnene und ruhige Art des Schweizers könnte ein wichtiger Faktor für eine Rückhol-Aktion sein. Denn schließlich war das schwierige Verhältnis mit dem früheren Dortmunder Coach Thomas Tuchel für Hummels vor drei Jahren auch ein Grund, dem BVB den Rücken zu kehren.
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(dpa)