London (dpa) – Nach seinem phänomenalen WM-Gold-Triple blickt Johannes Floors als neuer König der Prothesen-Sprinter schon auf die nächste große Herausforderung.
«Jetzt ist Tokio das große Ziel. Natürlich will ich Paralympics-Sieger werden. Und bei der Heim-EM im kommenden Jahr in Berlin will ich am Weltrekord kitzeln», sagte Floors, der mit vier Medaillen der erfolgreichste Deutsche und einer der besten Starter bei der Para-Leichtathletik-WM in London war.
Die mannschaftliche Krönung holte sich Floors mit Tom Malutedi, Weitsprung-Weltmeister Markus Rehm und Leon Schäfer als Champion in der 4×100 Meter-Staffel. Ursprünglich deutlich als Zweiter hinter den USA im Ziel und schon bei den Sieger-Interviews, kam später der noch größere Jubel. Wie bei den Paralympics in Rio wurden die Amerikaner wegen eines Wechselfehlers disqualifiziert und Deutschland rückte auf den Goldrang vor.
Zuvor hatte Floors allein die mediale Aufmerksamkeit nach seinem Sieg über die 200 Meter genossen. Die ganze Welt spreche jetzt über ihn, wie er denn mit der neuen Aufmerksamkeit umgehe, wurde er von der japanischen Journalistin Yuko Suzuki gefragt. «Das ist toll. Ich denke, das schaffe ich sehr gut», sagte Floors, der zuvor schon auf der einstigen Paradestrecke von Oscar Pistorius über die 400 Meter gesiegt und zudem noch Silber über die 100 Meter gewonnen hatte.
In der Presse wird er als der «Kronprinz von Oscar Pistorius», «Prothesen-König» und «Deutscher Blade Runner» betitelt. Und der Leverkusener zeigte, warum er das Erbe des tief gefallenen Pistorius antreten kann. Der Staffel-Paralympicssieger von Rio ist ehrgeizig, talentiert, smart und eloquent. Zudem hat Floors noch viel Potenzial, reiste er doch nach London nach Trainingsumstellungen ohne große Erwartungen.
Er der neue «Blade Runner»? Für Floors ohne Zweifel eine große Ehre. Denn Pistorius, der als doppelseitig Unterschenkel amputierter «Blade Runner» den Behindertensport in den weltweiten Fokus rückte, ist für Floors «mein Held. Er hat den paralympischen Sport und die Doppel-Amputierten dahin gebracht, wo wir jetzt sind.» Dass der Südafrikaner wegen Totschlags im Gefängnis sitzt, sei sehr schrecklich, habe aber mit dem Sport nichts zu tun.
Für seinen Erfolg hat Floors im wahrsten Sinne Opfer gebracht, als er sich vor sechs Jahren freiwillig beide Beine amputierten ließ. Er kam mit einem Fibula-Gendefekt zur Welt, hatte kein Wadenbein und nur drei Zehen, der Fuß war verkümmert. «Es war keine leichte Entscheidung, aber die richtige. Die beste meines Lebens.» Alles habe sich zum Positiven geändert.
Insgesamt holten die Deutschen in London 22 Medaillen (8 Gold, 7 Silber, 7 Bronze). WM-Titel sicherten sich neben Floors noch Rehm, Diskuswerfer Sebastian Dietz, Niko Kappel und Frederike Koleiski im Kugelstoßen sowie Irmgard Bensusan über 400 Meter.
«Unser Team hat mit seinen tollen Leistungen erneut bewiesen, dass es zur Weltspitze gehört. Die vielen Titel, Medaillen und vorderen Platzierungen bestätigen das eindrucksvoll, obwohl im Vergleich zur Rio-Mannschaft zahlreiche Sportler nicht mehr dabei waren wegen Verletzungen oder ihres Karriereendes», sagte Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Behindertensportverbandes.
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