Lissabon – Über das Gesicht von Niko Kovac huschte immer wieder ein Lächeln. Schon bei der Pressekonferenz im Estádio da Luz war dem Trainer des FC Bayern München am Dienstag die «absolute Vorfreude» anzumerken, von der er vor seinem ersten Champions-League-Spiel als Trainer berichtete.
Am Mittwoch soll dann aber nach dem Willen des 46 Jahre alten Kroaten gegen Benfica Lissabon alles so ablaufen, wie bei seinen ersten Spielen in der Fußball-Bundesliga. «Wir sind hier, um zu gewinnen», verkündete Kovac selbstbewusst.
So sehen das auch seine Spieler. Die Gruppenphase mit den Gegnern Benfica Lissabon, Ajax Amsterdam und AEK Athen gilt lediglich als Aufwärmprogramm. «Wir wollen Gruppenerster werden und zeigen, dass mit dem FC Bayern in dieser Saison international zu rechnen ist», sagte Manuel Neuer. Den Trainer beschrieb der Kapitän als «total fokussiert» auf das Ziel, die ersten Punkte einzufahren. «Dass er der Champions League gewachsen ist, steht außer Frage», sagte Neuer.
Jubilar Thomas Müller hatte schon bei der Ankunft in Portugal großen Tatendrang verströmt. Der Angreifer nimmt in seinem 100. Spiel in der Champions League mit seinen Kollegen den nächsten Anlauf auf Europas Fußball-Thron. «Wir sind sehr motiviert, gerade nach den Dingen bei der WM im Sommer und den letzten Enttäuschungen in der Champions League. Wir wollen neu angreifen», verkündete Müller.
«Pack ma’s» (Auf geht’s) lautet das Motto, das die Bayern ihrer neuen Champions-League-Kampagne gegeben haben. Diesmal soll nicht wieder im Halbfinale Endstation sein, so wie in vier von fünf Jahren seit dem Titelgewinn 2013. Seinen 100. Königsklassenabend bezeichnete Müller, der erst dritte deutsche Spieler nach Philipp Lahm (112) und Oliver Kahn (103) im Hunderter-Club, darum auch lediglich als «eine Durchgangsstation. Ich habe noch ein bisschen was vor.»
Wie Neuer setzt auch Müller auf einen Leistungsschub durch Novize Kovac. «Wir haben uns neu aufgestellt, auch mit dem neuen Trainer, der Feuer reinbringt», sagte Müller. Dass der Münchner Luxuskader durch die schweren Verletzungen von Kingsley Coman, Corentin Tolisso und Rafinha früh geschrumpft ist, kann die Vorfreude nicht trüben. «Wir müssen die Situation annehmen, wie sie ist», sagte Arjen Robben. Noch hat Kovac schließlich genug Personal zur Auswahl. «Mir ist nicht bange. Und ich bin auch keiner, der rumweint», sagte der Coach.
«Es sollte aber jetzt nicht mehr großartig was passieren, sonst bekommen auch wir Qualitätsprobleme», bemerkte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge: «Wir haben stressige Wochen vor uns!»
Die sollen auf europäischer Bühne optimal beginnen. «Mein Wunsch ist ein guter Auftakt mit drei Punkten», formulierte Rummenigge. Die Bayern sind die Startspezialisten der Champions League: Gegen Benfica soll der 15. Auftaktsieg am Stück gelingen. Robben erinnerte aber an die Probleme beim Viertelfinalerfolg 2016, als die Bayern nach einem mageren 1:0 im Hinspiel in Lissabon 2:2 spielten. «Die haben eine gute Mannschaft. Das wird ein heißer Abend», sagte der Holländer.
Auflaufen im Estádio da Luz würde auch gerne Renato Sanches. Der Portugiese trug beim Duell 2016 noch das Benfica-Dress. Ein paar Monate später wechselte er für 35 Millionen Euro zum FC Bayern. «Wenn du nach Hause zu deinem alten Club kommst und deine ganze Familie in Lissabon lebt, möchtest du dich natürlich zeigen», sagte Rummenigge über Sanches. Kovac hat den 21-Jährigen «nicht nur als Reiseführer» in seine Heimat mitgenommen. Trotzdem sind Javi Martínez, Thiago oder James Rodríguez erste Wahl für die Mittelfeldbesetzung. Auch Leon Goretzka flog mit nach Portugal. Der Nationalspieler hatte am Montag beim Training eine leichte Blessur am Fuß erlitten.
Benfica tritt in der Königsklasse zur Wiedergutmachungstour an. Sechs Niederlagen, 1:14 Tore – vor einem Jahr erlebte das Team von Trainer Rui Vitória eine deprimierende Gruppenphase. Zur Besserung soll auch der ehemalige deutsche U21-Nationaltorwart Odisseas Vlachodimos (24) beitragen. Der beim VfB Stuttgart ausgebildete Keeper ist Benficas neue Nummer 1. «Natürlich ist Bayern der Topfavorit», sagte Vlachodimos. Er möchte seine Landsleute aber zu gerne ärgern.
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(dpa)