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Ovtcharov, Boll und Co. fordern Chinesen heraus

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Düsseldorf – Zur Einstimmung wurde in der Düsseldorfer Altstadt schon einmal die «längste Tischtennis-Theke der Welt» aufgebaut. Auf gut 250 Biertischen spielten sich die Passanten dort am Samstag die Bälle zu.

Für Stars wie Timo Boll, Dimitrij Ovtcharov oder Chinas Seriensieger wird es von Montag an ernst: Dann beginnt in Düsseldorf die Tischtennis-WM mit mehr als 600 Teilnehmern aus 108 Nationen. Eine Woche nach dem Ende der Eishockey-Weltmeisterschaften in Köln findet damit nur 35 Kilometer weiter nordwestlich gleich die nächste sportliche Großveranstaltung in Deutschland statt.

«Ich habe immer noch im Kopf, wie Jörg Roßkopf und Steffen Fetzner 1989 in Dortmund von den Zuschauern zum WM-Titel im Doppel getragen wurden. Eine Weltmeisterschaft im eigenen Land ist für unsere Spieler noch einmal ein Extra-Anreiz», sagte Richard Prause, früher einmal Nationalspieler, dann Bundestrainer und jetzt Sportdirektor des Deutschen Tischtennis-Bundes DTTB.

Eine Tischtennis-WM bedeutet aber auch schon seit Jahren nichts anderes als: China gegen den Rest der Welt. Bei den Männern gewann zuletzt 2003 jemand aus einem anderen Land den Einzel-Titel. Bei den Frauen ist das sogar schon 24 Jahre her.

Immerhin gehören die deutschen Spieler bei dieser Heim-WM zum «Best of the Rest», also den ernstzunehmendsten Herausforderern der Übermacht China. Dimitrij Ovtcharov ist aktuell der beste Spieler Europas, Timo Boll mit 36 Jahren immer noch der mit Abstand bekannteste. Auch bei den Frauen hat sich Petrissa Solja bis auf Platz 14 der Weltrangliste vorgespielt. Die 23-Jährige ist damit die am besten platzierte Spielerin, die nicht in Asien geboren wurde. «Ich habe vor, bei dieser WM über mich hinauszuspielen», sagte sie. «Wenn nicht in Düsseldorf vor heimischem Publikum, wann dann?»

Ähnlich denken auch der Weltranglisten-Achte Boll und der Weltranglisten-Fünfte Ovtcharov. «Für mich persönlich sind die Chinesen wieder die absoluten Favoriten. Aber wenn ich nicht an unsere Chancen glauben würde, bräuchte ich hier nicht zu spielen», sagte Ovtcharov. «Ich mache mir keinen besonderen Druck, zwingend eine Medaille zu holen. Ich muss keinem etwas beweisen. Aber wenn ich maximal spielen kann, bin ich nur schwer zu schlagen.»

Die Dominanz der Chinesen ist zumindest außerhalb Chinas ein Problem für diesen Sport. Das hat auch der Weltverband ITTF mit dem Deutschen Thomas Weikert an der Spitze längst erkannt. Als Konsequenz daraus sind seit der WM 2015 Kombinationen aus zwei verschiedenen Nationen im Doppel und im Mixed erlaubt – damit bei einer Siegerehrung auch mal eine andere Nationalhymne erklingt als die chinesische.

Eine der größten Attraktionen der WM verspricht deshalb das Doppel Timo Boll/Ma Long zu werden. Der frühere Weltranglisten-Erste von Borussia Düsseldorf spielt zusammen mit dem aktuellen Weltranglisten-Ersten, Einzel-Weltmeister und Olympiasieger aus China. Analog dazu tritt Petrissa Solja im Mixed mit dem Chinesen Fang Bo an, der das WM-Finale 2015 gegen Ma Long verlor.

«Auf dem Papier sind meine Chancen im Doppel größer als im Einzel», sagte Boll vor seiner bereits 17. WM-Teilnahme. Aber auch im Einzel will der WM-Dritte von 2011 mindestens das Viertelfinale erreichen. «Die letzten Monate liefern sehr gut für mich. Ich habe kaum Verletzungen gehabt und gute Ergebnisse erzielt», sagte er. «Diesen Rhythmus will ich mit in das Turnier nehmen. Wenn man da einmal ins Rollen kommt, kann es weit gehen.» Das wissen auch die Chinesen. Schließlich sagte deren Cheftrainer Liu Guoliang einmal: «Solange Timo Boll aktiv ist, kann ich nicht ruhig schlafen.»

Fotocredits: Roland Weihrauch
(dpa)

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