Pyeongchang – Mit etwas Skepsis hatte Alfons Hörmann die Reise nach Südkorea angetreten. Was sollte das wohl werden, in dieser dünn besiedelten Gegend weitab der bewährten Wege des Wintersports?
«Mein persönliches Fazit fällt wesentlich besser aus, als ich es erwartet habe», sagte der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbunds DOSB nach gut der Hälfte der Wettkampftage bei den 23. Olympischen Winterspielen in Pyeongchang. Der sportliche Erfolg der deutschen Mannschaft erleichtert ihm diese Sichtweise.
Bemerkenswert findet Hörmann die positiven Rückmeldungen aus dem Kreis der Athleten. Sportler, die mehrere Olympische Spiele erlebt haben, wie Eiskunstläuferin Aljona Savchenko, empfänden die Rahmenbedingungen im Vergleich zu den Spielen 2014 in Sotschi und 2010 in Vancouver «als die besten». Hörmann dazu: «Das muss man erstmal so hinbekommen wie die Südkoreaner. Kompliment!»
Doch es ist längst nicht alles gut. Enttäuscht waren viele deutsche Athleten vom geringen Zuschauerinteresse. Biathlon-Bundestrainer Gerald Hönig sprach sogar von einem «Trauerspiel». Der österreichische Doppel-Olympiasieger Marcel Hirscher klagte über die Atmosphäre bei den Alpinrennen: «Wir sind hier irgendwo, es sind keine Leute da und wir fahren halt ein Rennen.»
Das deutsche Team hat sich immerhin weitgehend damit arrangiert, dass Pyeongchang keine Biathlon-Hochburg wie Ruhpolding oder Oberhof ist. Biathlet Erik Lesser meinte: «Es hat auch seine Vorteile, nach dem Rennen ungehindert auf der Strecke auszulaufen oder an der Tribüne ohne Geschrei Richtung Kabine zu laufen.»
Viel besser ist die Atmosphäre bei den Wettkämpfen mit Beteiligung südkoreanischer Athleten, vor allem beim Shorttrack. Der Sieg von Choi Min Jeong über 1500 Meter am Samstag brachte die mit 12 000 Zuschauern ausverkaufte Eisarena im Küstenort Gangneung zum Brodeln. Gut war der Sieg auch für die Olympia-Atmosphäre. Mit der dritten Goldmedaille kann das Gastgeberland weiter hoffen, am Ende wie geplant in den Top Ten des Medaillenspiegels zu landen.
Dabei profitieren die Südkoreaner auch von der Schwäche der dezimierten Russen, die wegen der Doping-Manipulationen bei den Sotschi-Spielen nur unter neutraler Flagge und ohne eine Reihen von Stars starten dürfen. Vor vier Jahren noch an der Spitze der Nationenwertung mit 13 Mal Gold, blieben die «Olympischen Athleten aus Russland» bis zur Halbzeit von Pyeongchang gänzlich ohne Sieg.
Die Frage, welche russischen Athleten überhaupt in Pyeongchang teilnehmen dürfen, hatte den Internationalen Sportgerichtshof CAS noch am Tag der Eröffnung beschäftigt. Doch seit die Wettkämpfe laufen, ist das für das IOC unangenehme Thema in den Hintergrund gerückt. Gegen Ende der zweiten Olympia-Woche muss das IOC die Frage beantworten, ob es den Russen gestattet, zur Schlussfeier am Sonntag mit Flagge und nationaler Kleidung einmarschieren lässt.
Das Thema bleibt heikel. An Tönen der Reue fehlt es bislang zum Beispiel aus Moskau. So hängt noch die Aussage des russische Sportminister Pawel Kolobkow in der Luft, der den Ausschluss seiner Athleten als «ungerechtes Urteil» bezeichnet hatte.
Für die Olympia-Macher sind andere Dinge vorerst wichtiger. Am Sonntag meldeten die Organisatoren, dass sie die Eine-Million-Marke beim Ticketverkauf geknackt hätten. Und auch das Wetter lässt die Stimmung steigen. Nach den eisigen ersten Olympia-Tagen liegen die Temperaturen nun in der Bergregion tagsüber um den Gefrierpunkt, an der Ostküste werden noch höhere Temperaturen gemessen.
IOC-Exekutivdirektor Christophe Dubi zeigte sich insbesondere vom Sieg der tschechischen Snowboard-Spezialistin Ester Ledecka im Super-G der Skiläuferinnen beeindruckt. «Das sind die großen Storys der Spiele und nicht, ob das W-Lan überall reibungslos funktioniert oder ob die Busse pünktlich fahren.» Weitere emotionale Höhepunkte waren die Siege der deutschen Eiskunstläufer Aljona Savchenko und Bruno Massot, des Snowboard-Superstars Shaun White oder die Spiele des gemeinsamen koreanischen Eishockeyteams der Frauen – auch wenn diese zum Teil deutlich verloren gingen.
Bei einem Besuch der Spiele stellte ein gut gelaunter Staatspräsident Moon Jae In am Samstag fest: «Das sind bislang sehr erfolgreiche Spiele.» Für ihn ist es wichtig, dass das Bild eines «Olympia des Friedens» in die Welt hinausgeht. Durch die Teilnahme Nordkoreas hätten sich die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel reduziert. Ob das politische Tauwetter auch über Olympia hinaus anhält, muss sich aber erst noch zeigen.
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(dpa)