Rio de Janeiro – Florian Orth ist so etwas wie ein Mitläufer der Olympischen Spiele. Er wusste, dass er keine Chance hatte. Und genau dafür forderte der 5000-Meter-Spezialist nach seinem Vorlauf-Aus Respekt ein.
Er wusste, dass es eine Qual wird, und auch dass er nicht für Schlagzeilen sorgen und ziemlich unbeachtet mit seiner Startnummer und Akkreditierung als Erinnerung wieder nach Hause fliegen wird.
«Ich arbeite nebenbei noch als Zahnarzt. Ich bin absolut kein Profi. Aber was man da an Idealismus und Zeit reinsteckt…», sagte der 27-Jährige von der LG Regensburg. «Wenn jemand sagt, dass wir als Touristen hierher fahren, das verbitte ich mir. Wer das sagt, der soll uns mal begleiten.»
Orth kam bei seiner Olympia-Premiere als 14. des zweiten Vorlaufs in 13:28,88 Minuten ins Ziel. Er ist schon mal 13:23,27 gerannt, an einem kühlen europäischen Abend. Jetzt kämpfte er sich in der prallen Mittagssonne durch, auf einer knallharten Bahn, die schnelle Zeiten garantieren soll. Vor sich eine Reihe von Weltklasseläufern, die er in seinem Leben nie besiegen wird.
«Die große internationale Bühne ist halt noch mal was anderes. Es war hart. Es war wahnsinnig heiß. Ich war völlig fertig im Ziel», sagte er mit hochrotem Kopf. Orth hat lange auf sein Ziel Olympia hingearbeitet. Er ist von den 1500 auf die 5000 Meter gewechselt und hat wie verrückt trainiert. «Es war mein fünftes 5000-Meter-Rennen überhaupt, mein zweitschnellstes. Da kommt man irgendwann an seine Grenzen als Neuling.» Den «kleinen Traum» von der Finalteilnahme hatte er irgendwie doch. Doch da hätte schon mehr als ein kleines Wunder passieren müssen.
Also ist Olympia für Orth vorbei – in nicht einmal einer Viertelstunde. War dabei sein nun alles? «Klar, diesen olympischen Gedanken finde ich auch richtig», erklärte der EM-Siebte. «Ursprünglich war ja Olympia mal für Amateure erfunden worden. Wenn man sich das hier anschaut, sind die Spiele doch ganz schön von ihrem Grundgedanken weggerückt.» Er wisse, dass es zuhause Leute gebe, die glauben, «wir würden einen Haufen Geld bekommen und sollen doch gefälligst unsere Leistung bringen». Den Leistungsgedanken hat er natürlich auch, aber der heißt nicht: Gold, Silber oder Bronze.
Jetzt will Orth von den Spielen auch mal etwas mitbekommen – wenn er sich erholt hat. Im olympischen Dorf hat er keinen Fernseher («Ich weiß, Fernseher ist Luxus»). Der Livestream funktioniert auch nicht immer. «Ich bin bei Olympia und bekomme weniger mit, als wenn ich zuhause wäre», sagte Orth.
Zurück in Deutschland steht Orth wieder in der Zahnarztpraxis seiner Eltern im hessischen Schwalmstadt. Acht Stunden? «Nee», sagt er lächelnd. «Mittwoch Nachmittag ist zu.» Deshalb hat er Zeit zum Trainieren. Beim ISTAF am 3. September in Berlin wagt er sich wieder gegen die internationale Konkurrenz auf die Bahn. Er wird chancenlos sein. Und es wird zum Schluss wieder ziemlich weh tun.
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(dpa)