Heute liefere ich mal ein paar Einblicke in das Gehirn einer Sportbloggerin. Freitag wollte ich eine Federer-Story schreiben, als Überschrift schwebte mir etwas vor wie „Die unerträgliche Leichtigkeit des Roger Federer“. Schließlich mutet sein Spiel so unangetrengt-souverän an, kein Ächzen und Stöhnen beim Treffen des Balles. Und Novak Djokovic, immerhin Dritter der Weltrangliste? Hellsichtig hatte ihn der Tagesspiegel vor Beginn der Australian Open zum Favoriten gekürt, weil Federer und Rafael Nadal angeschlagen ins Turnier gingen: „Möglich, dass mit Novak Djokovic daher der Dritte im Favoritenkreis am Ende die Trophäe in Händen halten darf.“ Bisher hatte er keinen Satz abgegeben, aber der Schweizer sollte doch ein anderes Kaliber sein: Seit 208 Wochen steht er an der Spitze der Tennis-Weltrangliste, erreichte die letzten 10 Grand-Slam-Finals und gewann deren acht, schon zwölf insgesamt.
Beide betreten den Centrecourt in schwarzblauem Dress, chic und doch auch erstaunlich, dieser modische Gleichklang aus Portland und Herzogenaurach. Djokovic gewinnt den ersten Satz mit 7:5, sein Spiel ist klasse anzusehen. Und Federer? Er führt schon 5:3 und verliert den Durchgang, das ist ungewöhnlich, aber wenn immer alles glatt ginge, wäre Tennis mit Federer so aufregend wie Rennrodeln mit den ewig siegenden deutschen Damen.
Im zweiten Satz steht es schnell 5:1 für den Serben, der einfach nicht abbauen will. Der Schweizer schafft ein Rebreak, doch dann ist auch der Satz vorbei mit 6:3. Beginnt meine Federer-Hymne zu wanken? Nein, im Gegenteil, wenn er das Spiel jetzt noch umbiegt gegen den erst 20-jährigen Djokovic, dann ist er ein Künstler und Kämpfer, ein Virtuose und Fighter!
Er biegt aber nicht um. Er schafft kein Break im dritten Satz. Er verliert den Tie-Break. Er scheidet aus. Er konstatiert: „Es ist schon eine Enttäuschung da. Aber im Geiste, so wie ich gekämpft und probiert habe, war es alles, das ich geben konnte.“ Er wird gar monströs: „Selber habe ich vielleicht ein Monster, eine Überfigur geschaffen, die in der Vergangenheit jede Woche gewinnt. Doch diese Maxime ist nicht so einfach zu erfüllen im heutigen Tennis.“
Und ich schließe mit schnödem Agentur-Deusch: Im Finale der Australian Open stehen sich am Sonntag (9.30 Uhr MEZ) der Serbe Novak Djokovic (3) und der ungesetzte Franzose Jo-Wilfried Tsonga gegenüber.