Kitzbühel – Nach dem verpassten Podestplatz auf seinem Lieblingshang in Kitzbühel legte Felix Neureuther den Kopf in den Nacken und blies die Backen auf.
Die vielen Ausfälle der Konkurrenten um Topfavorit Henrik Kristoffersen aus Norwegen konnte Deutschlands bester Skirennfahrer beim Weltcup-Slalom auf dem Ganslernhang nicht ausnutzen. «Das nagt an mir», meinte Neureuther nach Platz sechs und bilanzierte zwei Wochen vor den Weltmeisterschaften in St. Moritz: «Das war nicht zufriedenstellend und insgesamt kein guter Tag für uns.»
Neureuther rutschte im Finale von Rang drei zurück, Linus Straßer fädelte als erster Starter des zweiten Durchgangs ein und verließ das Ski-Stadion völlig frustriert. Insgesamt waren von den sieben deutschen Startern nur drei ins Finale gekommen – in dem sich einzig Riesenslalom-Spezialist Stefan Luitz verbessern konnte und mit Platz 18. zum zweiten Mal in Serie Weltcup-Punkte im Slalom verbuchte.
Mit der großen Show vor den mehreren tausend Zuschauern um die Bayern-Stars David Alaba und Franck Ribéry hatten die Deutschen also nichts zu tun. Dafür sorgte vor allem Marcel Hirscher mit einer famosen Aufholjagd bis ganz nach vorne – und Dave Ryding, der als erster Brite der Weltcup-Geschichte auf ein Slalom-Podium fuhr. Dritter wurde der Russe Alexander Choroschilow.
Neureuther hatte in Kitzbühel schon zweimal in seiner Karriere gewonnen, hätte dieses Mal aber nach eigener Einschätzung Hirscher auch ohne Patzer nicht gefährden können. «Gegen Marcel war heute kein Kraut gewachsen», betonte Neureuther. «Sensationelle Fahrt.»
Der fünfmalige Weltcup-Gesamtsieger raste nach Rang neun im ersten Lauf durch einen atemberaubenden Ritt noch ganz nach vorne und feierte den insgesamt 20. Slalom-Erfolg im Weltcup. «Das hier ist wie eine Weltmeisterschaft», sagte er zu der «großartigen» Kulisse in Kitzbühel. Hirscher zeigte sich ungewohnt emotional, brüllte bei der Siegerehrung lauthals. «Das ist schon sehr beeindruckend», sagte Neureuther über seinen langjährigen Rivalen, der die Führung im Slalom-Weltcup von Henrik Kristoffersen übernahm.
Für den Topfavoriten aus Norwegen war der Wettkampf früh vorbei. Nach 21 Weltcup-Slaloms ohne einen Ausfall – darunter zwölf Siege – schied er im ersten Durchgang aus. «Die Ski haben sich verkantet», berichtete er danach überraschend gelassen. «Ich bin ein bisschen sauer. Vor zwei oder drei Jahren hättet ihr noch eine Shitshow gesehen, aber ich bin ein bisschen älter und smarter geworden.»
Kristoffersen will sich durch die ungewohnt frühe Abreise aber nicht aus dem Konzept bringen lassen und ohne Planänderung auf den letzten Slalom vor den Weltmeisterschaften vorbereiten. Auch Neureuther will beim Flutlicht-Slalom in Schladming (17.45/20.45 Uhr/BR) nicht viel ändern. «Ich merke schon, es ist nicht viel, was fehlt. Im Training hat es schon gut funktioniert», sagte er.
Da fährt auch Luitz regelmäßig gut. In Kitzbühel belohnte er sich nun nach dem starken zehnten Platz von Wengen zum zweiten Mal in Serie auch im Weltcup. «Es war ein Kampf», sagte er. «Ich glaube, es wäre schon noch einiges mehr drin gewesen. Fahrerisch war es nicht so wie ich es eigentlich kann. Aber es sind wieder ein paar Punkte. Es ist ein harter Weg in die Top 30, man muss stetig punkten.»
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(dpa)