Laval – Vor ihrem Debüt auf der Bank der deutschen Frauen-Nationalmannschaft ist Martina Voss-Tecklenburg auch ein wenig mulmig. «Es ist eine große Freude, dass es endlich losgeht», sagt die 51-Jährige vor ihrer Länderspiel-Premiere als Bundestrainerin in Laval gegen Frankreich.
Sie mache gerade «alle Gefühlslagen» durch, «und natürlich ist auch Anspannung da», sagt sie. Spätestens mit dem Anpfiff im Stade Francis-Le-Basser am 28. Februar um 21.00 Uhr (Eurosport) soll die Aufregung aber verflogen sein.
Dann wird MVT, wie sie genannt wird, fokussiert und lebendig, mit wild fuchtelnden Armen, ihre Elf an der Seitenlinie dirigieren. 18.000 Fans haben Platz in der wohl ausverkauften Arena. Viele Augen, Objektive und Kameras werden auf die Hoffnungsträgerin gerichtet sein. Schließlich wird von der Duisburgerin, die in Mentalität und Dynamik am ehesten mit Liverpool-Coach Jürgen Klopp zu vergleichen ist, nicht weniger erwartet, als dass sie die DFB-Auswahl zurück in die Weltspitze führt und eine neue Erfolgsära des deutschen Frauenfußballs begründet.
Dass ihre Mannschaft zum Start ins WM-Jahr gleich vom Gastgeber und Mitfavoriten des Weltturniers vom 7. Juni bis 7. Juli geprüft wird, betrachtet Voss-Tecklenburg getreu ihrem Lebensmotto als Herausforderung. «Wir haben das bewusst so entschieden, weil ich sehen möchte, wie weit wir mit der Mannschaft sind. Wir brauchen diese guten Gegner, um dann bei der WM auch wirklich performen zu können», betont die Mutter einer erwachsenen Tochter.
Allerdings muss sie noch ohne ihre neue Spielführerin Alexandra Popp auskommen. «Sie ist noch nicht ganz fit und wird Richtung Spiel eher kein Thema sein. Wir wollten sie aber mitnehmen. Sie ist wichtig in allen Bereichen, uns zu unterstützen», erklärt die Trainerin.
Der nächste Gegner bis zur WM-Abreise (3. Juni) ist am 6. April Schweden in Solna. In jenem Stadion, wo der zweimalige Welt- und achtmalige Europameister abgesehen vom Olympia-Gold 2016 in Rio seinen bis dato letzten Titel gewann. Mit Cheftrainerin Silvia Neid schnappte sich das Team dort im Finale 2013 die EM-Trophäe.
Der DFB-Tross bezog mit 24 Spielerinnen sein Quartier in Rennes, wo am 8. Juni mit dem Auftaktmatch gegen China auch das WM-Abenteuer startet. Mit an Bord saß eine alte Bekannte, die überraschend ihr Comeback feiert. Rekordnationalspielerin Birgit Prinz (214 Länderspiele/128 Tore) verstärkt das Betreuerteam als Sportpsychologin, zunächst «projektbezogen» für die Maßnahmen in Laval und Solna. Gut möglich, dass Prinz auch beim Test gegen Japan in Paderborn (9. April) und der WM-Generalprobe am 30. Mai (Ort und Gegner offen) dabei ist, wenn die Chemie stimmt.
Dass der DFB diese Nachricht am Montag in einer via Homepage verbreiteten Abreise-Meldung versteckte, ist wohl dem Charakter von Prinz geschuldet. Die inzwischen 41-Jährige, die 2010 ihr Psychologiestudium abschloss und seit sieben Jahren erfolgreich für den Bundesligisten 1899 Hoffenheim (Männer und Frauen) arbeitet, scheute schon als Aktive das Rampenlicht, in das sie wegen ihrer herausragenden Klasse und als Spielführerin aber immer wieder musste.
«Ich freue mich, wieder bei der Nationalmannschaft dabei zu sein und viele neue Gesichter kennenzulernen, aber auch einige bekannte wiederzusehen. Ich bin gespannt auf diese Aufgabe, will meine Erfahrungen einbringen und neue dazugewinnen», zitierte der Verband die beste Spielerin seiner Historie. Und gemeinsam mit Voss-Tecklenburg soll auch die Rückkehr an die Weltspitze gelingen.
Fotocredits: Arne Dedert
(dpa)