Brasília – Selbst für ein TV-Interview schien Neymar am Ende die Ausdauer zu fehlen. Brasiliens Fußball-Superstar, dessen Fitnesszustand jüngst vom Trainerteam öffentlich bemängelt worden war, verschwand zügig im Kabinengang.
Mit dem 0:0 gegen Außenseiter Irak haben der Angreifer des FC Barcelona und seine Teamkollegen auf dem Weg zum erhofften Olympiasieg erneut schwer enttäuscht. Die Brasilianer brauchen nun am Mittwoch gegen den Gruppenersten Dänemark einen Sieg, um sich sicher für das Viertelfinale des Olympia-Turniers zu qualifizieren.
Die brasilianischen Medien gingen mit der Seleção hart ins Gericht. Dies sei «ein Straucheln skandalöser Ausmaße» gewesen, dessen Auswirkungen nur schwer abzusehen seien, schrieb das Portal «O Globo» und konstatierte: «Das verständliche Gefühl eines nationalen Notstandes ist der größte Gegner des brasilianischen Fußballs.»
Ohne Plan, ohne Taktik und ohne die für Brasiliens frühere Fußball-Generationen sonst so typische Kreativität traten die Gastgeber auch in ihrem zweiten Gruppenspiel auf. Schon zu Beginn der zweiten Halbzeit buhten Teile des Publikums in Brasília die Mannschaft von Trainer Rogério Micale aus. Stattdessen verlangten die Zuschauer lautstark nach Brasiliens Ausnahmespielerin Marta, die mit dem Fußball-Frauenteam bei Olympia so erfolgreich ist.
«Wir sind den Menschen in Brasília eine Entschuldigung schuldig», sagte Trainer Micale nach der Blamage. «Wir haben nicht unser Spiel machen können.» Dies habe zu Frust bei den Fans geführt. Die Spieler seien in der Kabine ebenfalls niedergeschlagen gewesen. «Es ist ein Augenblick der Trauer», räumte der Coach nach Medienberichten ein.
Iraks Trainer Abdulghani Alghasali zeigte sich dagegen überglücklich: «Dies ist ein historischer Tag für den Irak.» Brasilien im eigenen Land ein Remis abzutrotzen, sei für den irakischen Fußball eine große Leistung.
Die besten Chancen Brasiliens hatte noch der Ex-Leverkusener Renato Augusto: im ersten Durchgang schoss er an die Latte (44. Minute), in der siebenminütigen Nachspielzeit ging sein Schuss nach Flanke von William über das leere Tor. Neymar und Co. hatten bei ihrer von Beginn an schwachen Vorstellung sogar Glück, dass ein Kopfball des Irakers Mohanad Abdulraheem (11.) nur an den Innenpfosten prallte.
Brasiliens kränkelndem Fußball droht damit bei Olympia der nächste schwere Rückschlag. Nach der 1:7-Blamage im Halbfinale der Heim-WM 2014 gegen Deutschland und dem Vorrunden-Aus bei der Copa Amárica Centenario vor wenigen Wochen scheint auch der angepeilte Olympiasieg derzeit in weiter Ferne.
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(dpa)