Rio de Janeiro (dpa) – Trixi Worrack genießt jeden Augenblick, wenn sie mit Kollegin Lisa Brennauer durch das Olympische Dorf spaziert.
«Dieses Jahr ist es etwas ganz Besonderes, ganz anders als die vergangenen Male», berichtet die 34 Jahre alte Radsportlerin von ihrer vierten Olympia-Teilnahme. Dass sie überhaupt am Sonntag im Straßenrennen am Start stehen wird, grenzt schon an ein kleines Wunder.
Rückblick 20. März: Beim italienischen Radrennen «Trofeo Alfredo Bindo» kommt Worrack schwer zu Fall. Dabei erleidet sie einen dreifachen Nierenriss, verliert viel Blut und muss notoperiert werden. Als sie im Ospedale di Circolo in Varese aus der Narkose aufwacht, erfährt sie die schockierende Nachricht, dass ihre linke Niere entfernt worden ist.
Ans Aufgeben oder gar an ein Karriereende denkt Worrack nicht. «Die erste Woche nach der OP hatte ich gedacht, die Karriere ist zu Ende. Nach zehn Tagen war ich mir relativ sicher, dass ich es schaffen kann. Sieben Wochen nach der Operation saß ich wieder auf dem Rad», beschreibt Worrack ihr sensationelles Comeback, das sie im Juni mit dem Gewinn des deutschen Meistertitels im Zeitfahren krönt. Damit sichert sie sich auch die Olympia-Teilnahme.
Das Leben mit einer Niere ist für Worrack noch gewöhnungsbedürftig. «Bis jetzt habe ich keine Einschränkung. Meine Ernährung ist ganz normal. Ich mache nur öfter frei als früher. Ob das die Folgen der Operation sind, weiß ich nicht», sagt Worrack. Die zierliche Athletin wirkt nachdenklich, weiß um die Wichtigkeit des Organs. Worrack betont aber, dass sie gesund ist. «EPO per ärztlicher Verordnung» bekommt sie nicht. «Das ist für Patienten, die eine kranke Niere haben», sagt Worrack.
Im Straßenrennen will sie ihren Teil zu einer deutschen Medaille beitragen. Auf dem schweren Kurs über gut 130 Kilometer könnte Worrack selbst eine gute Rolle spielen, schließlich kommt das 50-Kilogramm-Leichtgewicht gut die Berge hoch. Worrack hat aber auch kein Problem damit, für Bergspezialistin Claudia Lichtenberg zu arbeiten. «Sie hat über Jahre gezeigt, dass ihr solche Strecken liegen.»
Über Jahre hat auch Worrack stets ihre Leistung gebracht. Seit 1998 stand sie bei allen Straßenrad-Weltmeisterschaften für den Bund Deutscher Radfahrer am Start, bis auf 2002 kam sie immer ins Ziel. Ihr größter Erfolg war dabei der zweite Platz bei den Titelkämpfen in Salzburg 2006. Bei Olympischen Spielen hat es noch nicht zu einer vorderen Platzierung gereicht. Aber womöglich erfährt ihr märchenhaftes Comeback 140 Tage nach dem Horrorsturz eine passende Schlusspointe.
Fotocredits: Marijan Murat