Madrid – Eine glorreiche Champions-League-Nacht macht Spaniens Hauptstadt erneut zum Fußball-Mittelpunkt des Kontinents und das nächste Final-Derby möglich.
«Madrid regiert Europa», jubelte die Sportzeitung «Marca» in großen Lettern nach dem Halbfinal-Einzug von Real gegen den deutschen Meister FC Bayern und dem Weiterkommen von Atlético beim englischen Champion Leicester City. Bleibt beiden am Freitag bei der Auslosung ein Stadt-Derby in der Vorschlussrunde erspart, könnten die so unterschiedlichen Ortsrivalen wie 2014 und 2016 im Endspiel aufeinandertreffen.
Der Mann des Abends war im Bernabéu – wie bereits beim 2:1-Sieg im Hinspiel in München – der grandios aufgelegte Cristiano Ronaldo. Selbst der sonst eher nüchterne Trainer Zinédine Zidane kam nach dem Dreierpack des Portugiesen beim 4:2 ins Schwärmen: «Was Cristiano macht, ist wirklich eindrucksvoll. Er ist ein unglaublicher und großartiger Spieler», sagte der Real-Coach. «Wie er in den großen Spielen immer trifft und eine solche Leistung zeigt … Er weiß einfach, dass er voll da ist, wenn es wichtig wird.»
Auch die spanischen Gazetten bejubelten den Weltfußballer. «In Gesundheit und Krankheit – Cristiano», titelte die Zeitung «El Mundo» am Tag nach der aufreibenden 120-Minuten-Schlacht. Die Zeitung «El País» brachte es am Mittwoch auf den Punkt: «Ronaldo befreit Madrid und schmeißt Bayern raus.»
Der 32-Jährige hatte in der entscheidenden Phase des Spiels einen Lauf und traf in der 76., der 105. und der 110. Minute. Inklusive des Hinspiels bezwang Ronaldo Weltmeister-Torwart Manuel Neuer insgesamt fünfmal. Damit ist der Europameister der erste Profi, der in der Champions League die 100-Tore-Marke erreicht hat.
Der Stürmerstar selbst pochte vor allem auf die Teamleistung. «Real Madrid war das bessere Team. Insgesamt sechs Tore gegen eine Mannschaft wie Bayern München zu schießen, ist nicht einfach.» Die Königlichen hätten es verdient, weiterzukommen – auch wenn sie auf dem Platz gegen Bayern sehr gelitten hätten. «Aber wir sind es gewohnt zu leiden, und jetzt sind wir alle einfach glücklich.»
Zu seinem umstrittenen Abseits-Tor und der heftigen Kritik der Bayern an Schiedsrichter Viktor Kassai äußerte sich Ronaldo zunächst nicht. Coach Zidane meinte nur: «Der Job des Unparteeischen ist immer schwierig, und ich mische mich da nicht ein.» Ein wenig ungehalten fügte er hinzu: «Das ist eben Fußball, und ich finde es ist wichtiger, auf die sechs Tore zu schauen, die wir geschossen haben. Wir haben es verdient, weiterzukommen.»
Keine Polemik gab es nach dem 1:1 in Leicester. Nach dem 1:0 im Hinspiel und dem Kopfballtor von Saúl Ñíguez (26.) ließ Atlético nur den Ausgleich durch Jamie Vardy (60.) zu. Der Arbeiter-Club, der in Madrid fast immer im Schatten des Nobel-Vereins Real steht, schaffte somit bereits den dritten Halbfinaleinzug in vier Jahren. 2015 kam das Aus im Viertelfinale – gegen Real.
«Die Atleti-Legende wird immer größer», titelte «AS». Während die Fans der «Colchoneros», der «Matratzenmacher», nach dem Abpfiff auf die Straßen Madrids strömten, um ausgelassen zu jubeln, rief Mittelfeldmann Koke im King Power Stadium immer wieder: «Das ist unglaublich!» Auch der Leicester-Coach war voll des Lobes für die Spanier. «Atlético ist eine große Mannschaft. Wir haben nicht versagt, haben bis zum Ende gekämpft», sagte Craig Shakespeare. «Dieses Atlético kann den Titel holen.»
Trainer Diego Simeone nannte nach beiden finalen Enttäuschungen sein Rezept: «Wenn wir die Champions League gewinnen wollen, gibt es für uns nur einen Weg: Nicht lockerlassen», betonte der Argentinier.
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(dpa)