Berlin – Sprintstar Gina Lückenkemper und Kugelstoßer David Storl haben den deutschen Leichtathleten an einem turbulenten Tag bei den Europameisterschaften in Berlin die ersten Medaillen beschert.
Die Leverkusenerin strahlte nach Silber über 100 Meter. Der 122-Kilo-Mann aus Leipzig verpasste es als Bronzemedaillengewinner, als erster Sportler seiner Disziplin den vierten EM-Titel in Serie zu holen. Auf einen tollen Abschluss seiner internationalen Karriere darf Robert Harting hoffen: Der Diskus-Olympiasieger und dreifache Weltmeister steht am Mittwoch im Finale. Sein Bruder Christoph hingegen erlebte in der Qualifikation ein Debakel.
Gold über 100 Meter holte wie erwartet das britische Supertalent Dina Asher-Smith aus Großbritannien. Die 22-Jährige flitzte in 10,85 Sekunden durchs Ziel vor Lückenkemper (10,98) und der Niederländerin Dafne Schippers (10,99), die ihren dritten Titel in Serie verpasste. Lückenkemper hatte bereits im Halbfinale die 11-Sekunden-Marke unterboten und sagte schon vor dem Endlauf locker: «Ich bin so saugeil drauf.» Mit der deutschen Fahne und Freudensprüngen drehte die 21-Jährige ihre Ehrenrunde.
Storl stand nach einer schwierigen Zeit mit enttäuschenden Auftritten bei Olympia 2016 und der WM 2017 aber wieder mal auf dem Podest. Nach dem Trainerwechsel zu Wilko Schaa hat der 28 Jahre alte zweifache Weltmeister wieder fast zu alter Stärke zurückgefunden. Die 21,41 Meter aus dem ersten Versuch konnte Storl nicht steigern und musste sich den Polen Michael Haratyk (21,72) und Konrad Bukowiecki (21,66) geschlagen geben.
Für Christoph Harting erfüllte sich der Medaillentraum nicht. Der Diskus-Olympiasieger von 2016 sorgte wieder einmal für eine faustdicke Überraschung – diesmal im negativen Sinne: Dreimal blieb seine Zwei-Kilo-Scheibe im Netz hängen. «Ich kann es mir nicht erklären, woran es heute gelegen hat: Ich hab ’ne super Fitness, ich hab ein top Gefühl, ich bin stark und schnellkräftig», sagte er kopfschüttelnd. Auch der Olympia-Dritte Daniel Jasinski aus Wattenscheid schied sang- und klanglos aus.
Robert Harting ist nun der einzige deutsche Finalist, 63,29 Meter reichten am Ende locker. In seinem «Wohnzimmer» darf sich der 33-jährige Berliner nun noch einmal feiern lassen. Vor neun Jahren holte er hier sein erstes WM-Gold. Beim Berliner ISTAF will sich der zweimalige Europameister am 2. September mit dem letzten Wurf von seinen Fans verabschieden. Der Druck mit dem Diskus sei da, «ich kann locker über 65 Meter werfen», sagte Robert Harting vor dem Finale.
Richard Ringer hetzte ohne Aussicht dem erhofftem Edelmetall hinterher. Der Ausdauerspezialist aus Friedrichshafen, EM-Dritter von 2016 über 5000 Meter, war als europäischer Jahresbester ins 10 000-Meter-Rennen gegangen. Doch vor 33.882 Zuschauern in Berlin fiel Ringer früh zurück und stieg nach 17 Runden aus. «Ich bin irgendwie platt, es tut mir echt leid», sagte Ringer im ZDF. Der Titel ging erstmals an den Franzosen Morhad Amdouni in 28:11,22 Minuten.
Zu den Enttäuschungen im 125-köpfigen deutschen Team zählte auch der deutsche Rekordhalter Julian Reus: Der Erfurter schied über 100 Meter im Halbfinale nach 10,37 Sekunden aus. Im Zehnkampf vermasselte der Ulmer Mathias Brugger mit drei ungültigen Versuchen im Weitsprung seinen EM-Auftritt. Das gleiche Missgeschick passierte auch dem Topfavoriten und Weltmeister Kévin Mayer aus Frankreich, der es nicht fassen konnte: «Ich war in einer sehr, sehr guten Form.» Dafür lag Bruggers Clubkollege Arthur Abele auf Medaillenkurs. Als Vierter nach vier Disziplinen fehlten ihm 126 Punkte auf den führenden Briten Tim Duckworth.
In der Hitze von Berlin erreichte Carl Dohmann das beste Ergebnis für deutsche Geher über 50 Kilometer bei einer EM seit der Wiedervereinigung. Der 28-Jährige aus Baden-Baden kam in 3:50,27 Stunden auf einen starken fünften Platz. «Am allerbesten wäre irgendwann auch mal eine Medaille», sagte er.
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(dpa)