Frankfurt/Main – Joachim Löw ist die erhoffte Titelverteidigung bei der WM 2018 in Russland nicht genug. Der Bundestrainer hat seinen Vertrag vorzeitig bis 2020 verlängert und plant mit seiner Nationalmannschaft noch einmal einen Angriff auf den bislang dreimal knapp verfehlten EM-Titel.
«Ich spüre das uneingeschränkte Vertrauen von Seiten des DFB», sagte der 56-Jährige bei einer Pressekonferenz in der Zentrale des Deutsche Fußball-Bundes in Frankfurt am Main und betonte: «Wenn Kopf und Herz gemeinsam Ja sagen, dann gibt es nicht viel zu überlegen.»
Bislang galt die Arbeitsvereinbarung bis zum WM-Turnier in 20 Monaten, bei dem Löw mit Manuel Neuer, Mesut Özil und Co. die historische Titelverteidigung schaffen will.
Löw arbeitet seit 2004 für den DFB, als ihn der damalige neue Bundestrainer Jürgen Klinsmann durchaus überraschend als Assistenten holte. 2006 übernahm Löw von Klinsmann den Job als Bundestrainer, als dieser nach dem Sommermärchen freiwillig aufhörte. DFB-Präsident Reinhard Grindel hob die «vertrauensvolle und erfolgreiche Zusammenarbeit» hervor. «Joachim Löw ist der beste Trainer, den wir uns im DFB-Präsidium für die Nationalmannschaft vorstellen können», sagte der Verbandschef.
Seit 2006 gelang Löw der Rekord, ein Nationalteam bei fünf aufeinanderfolgenden Turnieren mindestens bis ins Halbfinale zu führen. Bleibt er nach der WM 2018 tatsächlich im Amt, würde er definitiv den Uralt-Spielerekord von Sepp Herberger (167 Spiele) brechen. Mit den meisten Siegen (94) als DFB-Chefcoach hat Löw bei 141 Spielen den WM-Trainer von 1954 schon eingeholt. Auch sieben Turniere als Bundestrainer wären eine Bestmarke.
Eine Überraschung ist das neue Arbeitspapier für Löw gerade zu diesem Zeitpunkt nicht mehr. DFB-Chef Grindel hat seine Bewunderung für den Bundestrainer seit seinem Amtsantritt am 15. April immer wieder zum Ausdruck gebracht. Schon vor der EM in diesem Sommer wollte er Löw langfristig binden.
Am Freitag steht Grindel als einziger Kandidat zur Wiederwahl als Verbandsboss. Die Vertragsverlängerung für den wichtigsten DFB-Angestellten ist auch ein Signal an die Fußball-Delegierten, dass ihr Chef den durch die WM-Affäre angeschlagenen Verband im Griff hat.
Löw hatte noch im September betont, dass es für eine vorzeitige Verlängerung keine Notwendigkeit gebe. «Jetzt beherrschen meine Gedanken nicht, was über die WM 2018 hinaus ist. Das ist alles noch weit weg. Das ist Zukunftsmusik», sagte der Bundestrainer kurz vor dem dann mit drei souveränen Siegen so vorbildlich gelungenen Start in die WM-Qualifikation.
Nur einen Monat später deutete der DFB-Chefcoach dann schon sogar zur Überraschung enger Vertrauter wie Teammanager Oliver Bierhoff Gesprächsbereitschaft an. Viel zu verhandeln gab es aber offenbar ohnehin nicht. Nach letzten Detailabsprachen und einer Telefonschalte des DFB-Präsidiums am Morgen wurde am Montag gegen 12.15 Uhr der Vertrag offiziell unterzeichnet.
Für Löw ändert das nicht viel, außer, dass das Thema vom Tisch ist und er ohne Nebengeräusche und lästige Fragen das WM-Projekt auf Touren bringen kann. «Wir alle wollen bei der WM in Russland den Erfolg von Brasilien bestätigen. Es bereitet mir große Freude, die Mannschaft und die Spieler zu entwickeln, sie an das höchste Level heranzuführen – das spornt mich genauso an, wie einen Titel zu holen. Aktuell zählt für uns einzig und allein, uns als Gruppenerster für die WM in Russland zu qualifizieren», sagte Löw.
Spätestens seit dem WM-Triumph von Rio de Janeiro 2014 ist seine Position unumstritten. Sogar eine mäßige WM in Russland würde er möglicherweise im Amt überstehen, wenn er das denn wollen würde. Letztlich ist die Verlängerung wie schon Unterschriften in vergangen Jahren vor allem eines: eine Beruhigungspille für die DFB-Führung.
Bundestrainer Joachim Löw im Kurzporträt
Fotocredits: Frank Rumpenhorst
(dpa)