St. Petersburg – Fragen an Bundestrainer Joachim Löw in der Pressekonferenz nach dem 1:0 der deutschen Fußball-Nationalmannschaft im Finale des Confed Cups gegen Chile.
Herr Löw, wie stolz sind Sie auf dieses junge Siegerteam?
Joachim Löw: Natürlich bin ich megastolz auf diese Mannschaft, die erst seit vier Wochen zusammen ist. Man spürte an jedem Tag diesen unglaublichen Siegeshunger. Ich denke, dass wir absolut verdient diesen Confed Cup gewonnen haben.
Wie bewerten Sie das Finale, gerade auch am Ende, als es ordentlich zur Sache ging auf dem Platz?
Löw: Die Mannschaft musste richtig dagegen halten. Die Chilenen sind keine Kinder von Traurigkeit. Die gehen sehr robust in die Zweikämpfe. Kompliment, wie wir uns dagegen gestemmt haben, wie wir uns in jeden Schuss geworfen haben und das 1:0 verteidigt haben. Genau so muss ein Finale sein. Es war ein magisches Spiel für uns und unsere jungen Spieler, die teilweise nicht diese internationale Erfahrung hatten. Wie wir diesen Sieg wollten, war imponierend.
Deutschland hat jetzt den Confed Cup gewonnen und die U21-EM. Beides mit jungen Spielern. Wird der deutsche Fußball damit über Jahre top bleiben?
Löw: Das müssen wir immer erst wieder bestätigen, auch im nächsten Jahr. Diese beiden Turniere geben viel Selbstbewusstsein, aber für diese Spieler fängt die Arbeit jetzt erst an. Die wichtigen Turniere für sie folgen in den nächsten Jahren. Um an die Spitze zu kommen und die ganze Zeit auf Weltklasseniveau zu spielen, das ist eine andere Herausforderung. Die Basis ist sicherlich gut. Im nächsten Jahr müssen wir wieder hart um diesen Pokal kämpfen.
Können Sie etwas zur Rolle von Julian Draxler sagen, der sich in diesem Turnier geradezu verändert zu haben scheint?
Löw: Julian hat sich dahingehend in den letzten Jahren verändert, dass er ein junger Spieler ist, der schon bei der WM 2014 dabei war und bei der EM im letzten Jahr fast immer gespielt hat. Er ist in der Aufgabe gewachsen. Er war ein sehr guter Kapitän, nicht nur auf dem Platz. Er hat sehr viel kommuniziert und an die Mannschaft gedacht. Man hat gemerkt, er führt die Mannschaft an und ist ein Gewinnertyp.
Was bedeutet Ihnen persönlich dieser Pokal?
Löw: Der Pokal bedeutet einiges. Arturo Vidal hat vor dem Endspiel gesagt, die Chilenen wollen den Pokal gewinnen. Dann seien sie die beste Mannschaft der Welt. Deutschland ist immer noch die beste Mannschaft der Welt im Moment nach dem Weltmeistertitel 2014 und diesem Cup. Dass es gerade diese Jungen geschafft haben, diesen Titel zu gewinnen, ist etwas Historisches und Einmaliges in der deutschen Geschichte. Das finde ich herausragend, dass Spieler mit so wenig internationaler Erfahrung, mit so wenig Finalteilnahmen auf diesem höchsten Niveau mit dieser Nervenbelastung umgehen konnten. Dieses Team hat füreinander Außergewöhnliches getan auf dem Platz, um diesen Pokal zu erreichen.
Löst dieser Erfolg mit dieser jungen Mannschaft mit Blick auf die WM im nächsten Jahr einen Druck auf die erfahreneren Spieler aus, die Sie zuhause gelassen haben?
Löw: Im Spaß könnte ich sagen, wir müssen uns jetzt überlegen, welchen von den daheimgebliebenen Spielern wir zu diesem Team dazu nehmen. Aber das würde nicht der Wahrheit entsprechen. Wir haben zuhause natürlich klasse Spieler, die immer noch auf einem wahnsinnig hohen Niveau spielen. Aber wir haben Alternativen geschaffen, das war das vorrangige Ziel neben diesem Cup. Die oberste Priorität hatte, Spieler weiterzuentwickeln. Alle Spieler, die jetzt dabei waren, haben eine bessere Position als vor dem Confed Cup.
Was hat Ihnen als Trainer die Arbeit mit dieser Mannschaft bedeutet?
Löw: Für mich und das Trainerteam ist es auch eine große Freude, diesen Pokal zu gewinnen. Ich weiß das sehr gut einzuschätzen. Diese Wochen haben immensen Spaß gemacht.
Im Turnier sind immer wieder Spieler besonders aufgefallen wie Goretzka oder Werner. Draxler haben Sie angesprochen. Über Sebastian Rudy wird wenig geredet. Im Finale wirkte er omnipräsent im Mittelfeld. Ist er auch ein besonderer Gewinner des Turniers?
Löw: Ich mache mich frei davon, Spieler innerhalb von Wochen von Gewinnern zu Verlierern zu drehen und wieder zu Gewinnern zurück. Für mich sind alle Gewinner. Sandro Wagner hat am Anfang gespielt und zum Schluss nicht mehr. Aber er hat sich trotzdem gezeigt und seine Möglichkeiten verbessert. Amis Younes hat einmal gespielt und ein Tor erzielt. Marvin Plattenhardt hat eine Alternative geschaffen. Sebastian Rudy spielt schon länger bei uns. Es war eine harte Entscheidung, als er vor der EM 2016 aus dem Kader geflogen ist. Aber seine Ruhe und Souveränität am Ball, gerade auf dieser wichtigen Position, das ist klasse. Er tritt nicht immer so in spektakuläre Aktionen, aber er ist für das Team und die Organisation sehr wichtig.
Was sagen Sie zu dem Videobeweis und der Gelben Karte nach dem Ellbogenschlag gegen Timo Werner?
Löw: Auf dem Spielfeld habe ich es nicht wahrgenommen. Ich habe es aber nach dem Spiel nochmal gesehen. Man kann da schon auch Rot vertreten. Es war schon ein Schlag ins Gesicht mit dem Ellbogen. Von daher hätte der Schiedsrichter, wenn er das sieht, Rot zeigen können.
Nach dem Sieg bei der U21-EM und dem Erfolg hier sind sie Favoriten für 2018. Wie empfinden Sie diesen Druck?
Löw: Deutschland gehört doch immer zu den Favoriten, ganz egal, zu welchen Turnieren wir gehen. Der Confed-Cup-Sieg und die U21-EM sind ja keine Garantien, um Weltmeister zu werden. Bei einer WM muss alles passen, man muss fast Unmenschliches leisten. Wir wissen damit umzugehen, als Favorit oder Mitfavorit zu einem Turnier zu fahren.
Haben Sie noch eine abschließende Botschaft an Russland?
Löw: Vielen Dank an Russland. Die Russen waren großartige Gastgeber. Wir haben in den Städten, in den Stadion sehr gute Bedingungen vorgefunden. Sie haben dieses Turnier sehr gut organisiert. Und wir haben hier wirklich tolle Menschen kennengelernt. Russland ist ein interessantes Land.
Fotocredits: Christian Charisius
(dpa)