München – Joachim Löw hat sein DFB-Urteil über Jérôme Boateng, Mats Hummels und Thomas Müller gesprochen – und Niko Kovac muss beim FC Bayern nun möglichst geschickt mit dem Promi-Trio umgehen.
Vor dem K.o.-Kracher in der Champions League gegen den FC Liverpool kann der Bayern-Coach die Generalprobe gegen den VfL Wolfsburg, bei der der Serienmeister den Titelrivalen Borussia Dortmund erstmals nach 161 Tagen wieder an der Tabellenspitze ablösen könnte, freilich nicht in ein Boateng-Hummels-Müller-Spiel umwidmen. Es geht ums große Ganze.
«Ich bin überzeugt, dass Jérôme, Mats und Thomas mit Leistung vorangehen werden», erklärte Kovac. Alle Augen und TV-Kameras werden am Samstag (15.30 Uhr) in der ausverkauften Münchner Arena auf die Weltmeister von 2014 gerichtet sein, die der Bundestrainer in dieser Woche auf einen Schlag zu Ex-Nationalspielern degradiert hat.
«Die Endgültigkeit, mit 29, 30 Jahren als altes Eisen bezeichnet zu werden, das ist nicht richtig», rügte Kovac indirekt Löw. Der Bayern-Coach beschwört zwangsläufig eine «Trotzreaktion» des enttäuschten Trios: «Wenn der Druck von außen und von einem selbst sehr groß ist, sind sie zu Höchstleistungen im Stande.» Aber wen lässt Kovac gegen Wolfsburg ran? Einen, zwei – oder alle drei?
«Es ist ein schmaler Grat», sagte Kovac allgemein zur kniffligen Personalauswahl für das «wichtige Spiel» gegen die gerade auswärts sehr starken Wolfsburger. Nur noch zwei Törchen liegen die Bayern vor dem 25. Spieltag hinter dem punktgleichen BVB zurück. «Wir haben eine gute Serie, und die wollen wir fortsetzen», kündigte Kovac an.
Der Kroate, der die teilweise wilde Rotation der ersten Saisonphase abgeschafft hat, muss abwägen zwischen einer Belohnung der 5:1-Sieger von Mönchengladbach und Vorkehrungen für den Königsklassen-Kracher gegen Liverpool. «Ich möchte allen, die gegen Gladbach so gut waren, die Möglichkeit geben, weiter so gut zu performen», erklärte Kovac. Er sagte aber auch: «Wir müssen Liverpool im Auge haben.» Da ist Müller gesperrt, genauso wie Joshua Kimmich. Der Nationalspieler könnte darum schon gegen Wolfsburg durch Rafinha ersetzt werden, dem vor dem Achtelfinal-Ernstfall gegen Liverpool weitere Spielpraxis gut täte.
Fest steht: Löw würde garantiert zum Münchner Prügelknaben werden, wenn die Bayern genau jetzt aus der Erfolgsspur geraten. Das lassen die Reaktionen der Münchner Bosse nach der Ausbootung von Boateng, Hummels und Müller aus der Nationalelf erahnen. «Für uns ist der Zeitpunkt nicht gut, gerade jetzt vor einer ganz wichtigen Woche mit Wolfsburg am Samstag, dem Höhepunkt gegen Liverpool und dem Spiel gegen Mainz. Das bringt ein Stück Unruhe in den Club», sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge in einem ZDF-Interview.
Uli Hoeneß will sich «die richtige Antwort noch überlegen», wie der Präsident am Rande eines Spiels der Bayern-Basketballer bei Magenta Sport sagte. Hoeneß will dafür «unsere wichtigen Spiele» abwarten. Das heißt übersetzt: Löw sollte den Bayern besser gegen Wolfsburg und Liverpool die Daumen drücken. Bei Misserfolgen würde es aus München garantiert eine heftige verbale Watschn für den Bundestrainer geben.
Dabei fügt sich Löws radikaler Personalschnitt sportlich durchaus in das Bild der Umbruch-Bayern. Auch beim Rekordmeister haben Boateng (30), Hummels (30) und Müller (29) den Status der Unantastbarkeit eingebüßt. Kovac kitzelt die Verlierer der Woche: «Die Gegenwart und Zukunft kann man beeinflussen – und die heißt Bayern München.»
Ein anderer Oldie, dessen Bayern-Zukunft mit dem schon verkündeten Abschied am Saisonende längst besiegelt ist, kann die Gegenwart auch in der bevorstehenden Liverpool-Woche nicht in seinem Sinne prägen. Arjen Robben (35), der wegen diverser Verletzungen seit Ende November pausieren muss, hat in dieser Woche eine Wadenblessur erlitten. Laut «Bild»-Zeitung handelt es sich um einen Faserriss.
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(dpa)