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Kovac gestärkt, Hoeneß getroffen: Turbulente Bayern-Tage

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Bremen – Am Ende der vielleicht turbulentesten Bayern-Woche der vergangenen Jahre wurde Niko Kovac nicht gefeuert, sondern gefeiert.

Am Tag nach dem 2:1 (1:1)-Sieg bei Werder Bremen besuchten die Spieler und Verantwortlichen des FC Bayern München wie jedes Jahr im Advent diverse Fanclubs des deutschen Rekordmeisters, der Trainer war beim «Roden Stean Inzell» im Chiemgau zu Gast.

Noch vor einer Woche mussten Fans ebenso wie Kovac befürchten, dass dieser Termin ausfällt, weil der 47-Jährige nach nur fünf Monaten in München nicht mehr im Amt ist. Doch zwei Siege gegen Werder (Bundesliga) und Benfica (Champions League) haben die Position des umstrittenen Coaches deutlich gestärkt. «Die Mannschaft glaubt wieder an sich», sagte er nach dem vorläufigen Ende der sportlichen Krise. In Inzell wurde Kovac mit stehendem Applaus empfangen und bekam sogar den traditionell bayerischen Schuhplattler beigebracht.

Dass die Dinge auch anders laufen können, als man immer denkt, dass beim FC Bayern vieles ins Wanken geraten ist und dass alte Gewissheiten nicht mehr uneingeschränkt gelten – das hat in diesen Tagen auch Uli Hoeneß erfahren. Der Bayern-Präsident war es bislang gewohnt, dass ihm bei Mitgliederversammlungen kritiklos gehuldigt wird. Doch am Freitagabend bekam Hoeneß Pfiffe und Buhrufe zu hören.

Auch den Bayern-Boss hat der Sieg in Bremen sichtlich erleichtert. Auch er wurde am Sonntag bei seinem Fanclub-Treffen in Forchheim mit Applaus und Böllerschüssen empfangen und sagte in seiner Rede: «Wir sind auf einem guten Weg. Wir haben unsere Mini-Krise hinter uns.» Doch die teils heftigen Vorwürfe bei der Jahreshauptversammlung («Der FC Bayern ist keine One-Man-Show») haben Hoeneß «sehr» getroffen.

Seine Ausfälle gegen Medien und frühere Spieler, seine Einmischungen in das operative Geschäft und auch die Verbannung von Paul Breitner von der Ehrentribüne: Darum drehte sich die Kritik an dem 66-Jährigen in erster Linie. Doch der Verlauf der Jahreshauptversammlung und die sportliche Krise der vergangenen Wochen hatten natürlich auch etwas miteinander zu tun. Schließlich haben Hoeneß und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge ihren neuen Trainer nach Meinung Vieler erst in diese kritische Situation gebracht, weil sie den großen Umbruch bei den Bayern immer wieder verschleppten und Kovac deshalb eine satte, überalterte und schwer zu führende Mannschaft an die Hand gaben.

Mit den Siegen gegen Werder und Benfica, so die Hoffnung der Bayern-Bosse, sind einige Fehlentwicklungen in den vergangenen Tagen gerade noch rechtzeitig korrigiert worden. «Das war eine gute Woche für uns», sagte Sportdirektor Hasan Salihamidzic am Samstagabend. «Heute haben wir wieder einen Trend eingeleitet – und da wollen wir jetzt weitermachen. Man hat gesehen, dass die Mannschaft und der Trainer gut harmoniert haben in dieser Woche. Wir haben Probleme angesprochen, haben viel miteinander geredet und wir haben zusammen eine Aufbruchstimmung erzeugt.»

Tatsächlich war am Wochenende in Bremen zu erkennen, in welche Richtung sich der FC Bayern entwickeln soll. Die beiden Tore schoss der 23 Jahre alte Serge Gnabry (20./50.), während die so lange für unersetzlich gehaltenen Arjen Robben und Franck Ribery im Weser-Stadion auf der Bank saßen (Robben) oder schon früh verletzt ausgewechselt werden mussten (Ribery). Dass Kovac taktisch auf ein 4-2-3-1-System umgestellt hat, gibt der Mannschaft neue Stabilität. Dass er Abwehrfehler wie vor dem 1:1 durch Yuya Osako (33.) auch öffentlich klar ansprach, stärkt seine Autorität.

Aber ob das auch an Weihnachten nach schweren Spielen gegen Ajax Amsterdam, RB Leipzig und Eintracht Frankfurt noch gilt? Wer will das nach dieser turbulenten Woche noch seriös einschätzen?

Kurzfristig will der FC Bayern in der Bundesliga-Tabelle einen Neun-Punkte-Rückstand auf Borussia Dortmund aufholen. Mittelfristig kündigte Hoeneß für den nächsten Sommer einen Umbruch des Kaders mit Investitionen «im größeren Stil» an. Langfristig muss sich der größte deutsche Verein auch an der Spitze neu aufstellen. Vorstandschef Rummenigge soll seinen auslaufenden Vertrag 2019 noch einmal um zwei Jahre verlängern und dann von Oliver Kahn abgelöst werden. Das ist zumindest der Münchner Plan. Und wie die vergangenen Wochen gezeigt haben, gehen die Münchner Pläne nicht mehr alle immer auf.

Fotocredits: Thomas Frey
(dpa)

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